Zähneknirschen gilt als Volkskrankheit. Für manche nur eine schlechte Angewohnheit, für andere ein schweres Problem – vor allem dann, wenn es unbewusst und gehäuft auftritt. Eine schwere Form des Zähneknirschens ist der Bruxismus. Dabei sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Die meisten Diagnosen fallen in die Altersgruppe der 30- bis 45-Jährigen. Doch wie erkennt man Bruxismus und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Hier erfahren Sie mehr darüber.
Was ist Bruxismus?
Von Bruxismus (Knirschen und Pressen) ist dann die Rede, wenn Betroffene ständig die Ober- und Unterkieferzähne aufeinander pressen oder reiben. Das geschieht oft unbewusst in der Nacht (Schlafbruxismus), kann aber auch tagsüber (Wachbruxismus) vorkommen. Im Grunde handelt es sich um ein permanentes Zähneknirschen. Fachliteratur spricht auch von Parafunktionen. Beim Bruxismus kann auf den Zähnen ein Druck von bis zu 480 Kilogramm pro Quadratzentimeter entstehen, was mehr als dem Zehnfachen des normalen Kaudrucks entspricht. In Ausnahmefällen kann dieses unbewusste Zähneknirschen bis zu 45 Minuten täglich dauern. Generell unterscheidet man zwischen zentrischem und exzentrischem Bruxismus. Zentrischer Bruxismus bedeutet, dass Betroffene die Zähne stark aufeinanderbeißen, die exzentrische Variante bedeutet ein Reiben, oder auch das typische Zähneknirschen.
Ursachen für Bruxismus
Lange Zeit waren Zahnärzte der Meinung, dass eine Fehlstellung des Gebisses die Hauptursache für Bruxismus ist. Heutzutage gehen die Experten jedoch von einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren aus. Fest steht, dass Bruxismus ein komplexes medizinisches Problem ist, das nicht einfach einer Handvoll Ursachen zugeordnet werden kann. Es gibt jedoch einige Ursachen, die übergreifend gelten.
Orthopädische Ursachen
In der heutigen Zahnmedizin gilt Bruxismus als ein Symptom für Kiefergelenkserkrankungen. Das nächtliche Zähneknirschen ist ein erstes Anzeichen dafür, dass die Kiefergelenke nicht richtig funktionieren. Ärzte sind der Meinung, dass ein fehlender oder nichtexistenter Zusammenbiss der Kiefer (Non-Okklusion) die Entstehung von Bruxismus fördert. Die Zähne haben in solch einem Fall schlicht keinen Platz, sich korrekt einzufügen.
Psychologische Ursachen
Ein weiterer Faktor, der die Entstehung von Bruxismus begünstigen kann, ist die neurologische Verfassung des Betroffenen. So können zum Beispiel geistige Anspannung, körperlicher und seelischer Stress sowie Depressionen ein unbewusstes Zähneknirschen mit verursachen. Im Schlaf versucht das Unterbewusstsein, all die Einflüsse des Tages zu verarbeiten. Das zentrale Nervensystem ist nach heutiger Meinung der wichtigste Auslöser für Bruxismus. Es kann auch dann unbewusstes Zähneknirschen bewirken, wenn die Zähne noch so perfekt stehen.
Medikamentöse Ursachen
Alltagsdrogen wie Nikotin, Koffein und Alkohol sollen ebenfalls einen Einfluss auf das neuronale System haben und sich auf bestimmte chemische Botenstoffe wie Adrenalin oder Dopamin auswirken. Eine Verbindung dieser Wirkstoffe und der chemischen Botenstoffe kann sich in einer Unter- oder Überfunktion im Kiefergelenk äußern. Alltagsdrogen und Medikamente kommen daher zumindest als Co-Faktoren infrage, vermuten Mediziner.
Angewohnheiten und Unfälle
Der Bundeszahnärztekammer zufolge können auch eine falsche Körperhaltung, vor allem am Arbeitsplatz, das Kauen an Fingernägeln, Schreibgeräten und den Lippen oder übermäßiges Kaugummikauen die Entstehung von Bruxismus fördern. Weiterhin sind Schleudertraumata, Rohheitsdelikte oder lang andauernde zahnärztliche Behandlungen mögliche Ursachen.
Symptome von Bruxismus
Betroffene von Bruxismus können rhythmische oder kauähnliche Bewegungen der Kiefer durchführen. Durch die starke Anspannung der Kiefermuskeln ist es möglich, dass Druck auf den Ohren entsteht. Tinnitus und Nackenschmerzen, Schmerzen in den Kiefern oder im Gesicht, vor allem morgens, sind Symptome von Bruxismus. Dasselbe gilt für einen steifen und ermüdeten Kiefer direkt nach dem Aufstehen. Sollten Betroffene mit einem Partner im selben Zimmer schlafen, so könnten diese von hörbarem Zähneknirschen in der Nacht berichten, was bei der Diagnose hilfreich ist. Auch ein Gefühl der Benommenheit ist ein Anzeichen von Bruxismus – allerdings ist es für Betroffene schwer, Symptome wie Benommenheit oder Nackenschmerzen dem Kiefer zuzuordnen. Ein Besuch beim Arzt kann Aufschluss über die tatsächliche Art der Erkrankung geben.
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Diagnose
Um Bruxismus zu diagnostizieren, hilft dem Zahnarzt ein Blick auf die Zahnhartsubstanz der Betroffenen. Sollte dieser einen Verlust der Zahnhartsubstanz oder Schäden am Zahnhalteapparat bemerken, weist dies auf Bruxismus hin. Weitere Hinweise können sein:
- Glatt polierte Flächen (Schliffflächen) an den Zähnen oder Kronen
- Schmelzrisse
- Schmelzaussprengungen
- verstärkte Zahnempfindlichkeit
- Schneidekanten oder Verkürzungen von Zähnen
- Abplatzungen von keramischen Verblendungen an Kronen und Brücken
Zusätzliche Hinweise auf Bruxismus sind allgemeine Kopfschmerzen, Knackgeräusche des Kiefers und eine eingeschränkte Mundöffnung.
Folgen von Bruxismus
Bruxismus kann sowohl für die Zahngesundheit als auch für den restlichen Körper schwere Folgen haben, sofern er nicht korrekt behandelt wird. Vorrangig sind die Folgen an der Zahnhartsubstanz zu erkennen. Verluste der Zahnhartsubstanz und Schliffflächen sind häufige Folgen, es können aber auch kleine Schmelzrisse und Frakturen der Zahnhartsubstanz auftreten. Wegen des starken Drucks beim Zusammenbeißen entstehen weiterhin keilförmige Defekte am Zahnhals. Es kann zu Schäden an Kronen und Brücken kommen. Im weiteren Verlauf kann sich als Folge sogar die Bisslage verändern.
Ein gefährlicher Aspekt des Bruxismus ist, dass er eine lange Zeit ohne Symptome auftreten kann, sodass Betroffene zu spät merken, dass sie erkrankt sind. Zuweilen wenden sich Betroffene erst dann an den Arzt, wenn die Beschwerden bereits sehr stark sind, sodass umfassendere Eingriffe notwendig sind, um die Zahngesundheit wieder herzustellen.
Behandlungsmöglichkeiten Bruxismus
Die Therapie richtet sich grundsätzlich nach den Ursachen des Bruxismus. Sollte tatsächlich Stress der Auslöser sein, so sind stressbewältigende und -abbauende Verfahren die wichtigste Herangehensweise. Dazu gehören Entspannungstechniken und gezielte Übungen zur Körperwahrnehmung. Zur dauerhaften Therapie empfehlen Experten sogenannte Aufbissschienen, auch Okklusionsschienen genannt. Diese Schiene gilt als Schutzbarriere zwischen Unter- und Oberkiefer und soll weiteren Abrieb verhindern. Dabei gilt zu beachten, dass die Schiene nicht die Ursachen für den Bruxismus heilen kann. Sie bekämpft lediglich die Beschwerden.
Eine weitere Möglichkeit ist die sogenannte Biofeedback-Therapie. Bei dieser werden Sensoren an den Schläfen oder in der Schiene des Betroffenen aufgebracht, die messen sollen, ob er zubeißt. Sobald er das tut, wird ein Impuls gesendet, der nicht aufweckt, aber den Muskel beruhigen soll.
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