Rückenschmerzen sind weit verbreitet und treten häufig in unterschiedlichsten Formen und Arten auf. Laut einer Studie des Robert Koch Instituts aus dem Jahr 2020 litten 61,3% der Befragten in den letzten 12 Monaten an Rückenschmerzen. Es ist also keine Seltenheit, wenn’s im Rücken zwickt und zieht. In den meisten Fällen sind Rückenschmerzen ungefährlich. Aber was, wenn der Schmerz einfach bleibt? Ab wann werden aus einfachen Rückenschmerzen chronische Rückenschmerzen? Und was können Sie gegen chronische Rückenschmerzen tun?
Was sind chronische Rückenschmerzen?
Im Gegensatz zu akuten oder subakuten Rückenschmerzen, vergehen chronische Rückenschmerzen nicht nach einer bestimmten Zeit. Der Übergang zwischen akuten, subakuten und chronischen Rückenschmerzen ist dabei fließend.
Bestehen die Schmerzen im Rücken länger als 12 Wochen, bezeichnet man diese als chronische Rückenschmerzen. Auch wiederholte Schmerzepisoden im Rücken können als chronische Schmerzen eingestuft werden. Dies ist der Fall, wenn die Rückenschmerzen dreimal jährlich oder in drei aufeinanderfolgenden Jahren wiederholt auftreten.
Dabei sind die Ursachen für die Beschreibung der Schmerzen divers. Die Betroffenen leiden teils unter Schmerzen im unteren Rücken, gepaart mit Nacken- und Schulterschmerzen. In diesem Fall spricht man umgangssprachlich auch von Kreuzschmerzen. Es kommt auch vor, dass ein spezifischer Auslöser wiederkehrende Schmerzen und Beschwerden verursacht. Dann entwickelt sich aus einem erst als einmalig eingestuften Hexenschuss ein eigenständiges Krankheitsbild mit wiederkehrenden, chronischen Rückenschmerzen.
Symptome von chronischen Rückenschmerzen
Rückenschmerzen kommen oftmals nicht allein. Weitere Symptome schließen sich dem Krankheitsbild an und können mitunter bei einer chronischen Entwicklung verstärkt auftreten. Je nach Krankheitsbild treten unterschiedliche Begleitsymptome neben den Rückenschmerzen auf. Einige dieser Symptome können sogar als Warnsignale verstanden werden, die einen negativen Verlauf der chronischen Entwicklung darstellen.
Sollten Sie die folgenden Begleiterscheinungen in Verbindung mit langanhaltenden Rückenschmerzen bestätigen können, missachten Sie sie nicht:
- Schmerzen, die bis in die Beine ausstrahlen
- Gefühle von Taubheit und Kribbeln sowie weitere Gefühlsstörungen
- Plötzlich auftretende Blasen- und/oder Darmstörungen (vermehrtes Wasserlassen, Inkontinenz)
- Sensibilitätsstörungen, Lähmungen und weitere neurologische Defizite
- Abnehmende Kraft oder vollständiger Verlust von Muskelfunktionen
Einige dieser Begleiterscheinungen sind auch für die weitere Diagnose durch Fachärzte relevant. Sie können auf Nervenkrankheiten hinweisen, die eine nicht unerhebliche Rolle bei chronischen Rückenschmerzen spielen können. Bei Auftreten der genannten Begleitsymptome konsultieren Sie am besten zeitnah Ihre Arztpraxis und lassen sich untersuchen. Sollte der Verdacht auf Nervenkrankheiten nicht ausgeschlossen werden können, liegt eine Überweisung zum Neurologen nah.
Betroffene erleben eine unterschiedliche Intensität der gelisteten Symptome und Beschwerden bei chronischen Rückenschmerzen. In einigen Fällen können sie bei ausstrahlenden Schmerzen in die Gliedmaßen kaum gehen, brauchen mehrere Pausen und müssen auf den Schmerznachlass warten. Auch wenn der Schmerz nachlässt, ist das nicht immer ein gutes Zeichen. Setzt zeitgleich Lähmung oder Funktionsverlust in den betroffenen Regionen ein, sollte schnell ein Arzt konsultiert werden.
Ursachen für chronische Rückenschmerzen
Die zahlreichen Muskeln, Wirbel und Verzweigungen im Rücken bieten diverse Angriffsflächen für Schmerzen. Daher sind die Ursachen bei Rückenschmerzen genauso divers. Entwickeln sich Rückenschmerzen von akut über subakut hin zu chronischen Rückenschmerzen, lassen sich häufiger spezifische Ursachen feststellen. Allerdings können auch diverse Erkrankungen oder Verletzungen das gesamte Krankheitsbild der chronischen Rückenschmerzen in sich vereinen. Somit gibt es nicht zwingend nur die eine, sondern mehrere Ursachen, die für Schmerzen im Rücken sorgen können. Dazu zählen beispielsweise:
- Rückgang von Bandscheiben oder Wirbelgelenken
- Anhaltende Fehlhaltungen
- Angeborene Fehlstellungen (Skoliose)
- Krebszellen, die in den Bereich der Wirbelsäule absiedeln
- Körperliche Überlastungen
- Gelenkblockaden
- Wirbelblockaden
- Psychische Belastungen wie Stress, Burnout oder Depressionen
- Entzündungen
Arthrose als Ursache für Rückenschmerzen
Der Rückgang von Muskeln und Knochen, auch unter dem Begriff degenerative Erkrankungen bekannt, sind eine bekannte Ursache von Schmerzen, die auch den Rücken betreffen. Wenn sich bei Arthrose im Bereich der Wirbelsäule die Wirbelgelenke zurückbilden, sind Betroffene immer stärker werdenden Schmerzen im Rücken ausgesetzt. Auch eine Einengung des Spinalkanals kann Auslöser für Schmerzen sein. Ebenso kommt die Verengung der Nervenaustrittskanäle als Ursache in Frage, die zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule auftritt. In beiden Fällen strahlen die Schmerzen im Gehen bis in die Beine.
Rheumatische Erkrankungen als Ursache für Rückenschmerzen
Bestehende Rheuma-Erkrankungen zeigen sich bei Betroffenen in verschiedenen Intensitäten und Arten. Bei Gelenkrheuma können beispielsweise auch die Gelenke der Wirbelsäule betroffen sein. Die Wirbelsäule und Wirbelkörper werden unbeweglicher, im schlimmsten Fall ist jeder Bewegungsversuch mit Schmerzen verbunden.
Rückenschmerzen durch Osteoporose
Betroffene mit Osteoporose leiden unter Knochenschwund. Die Knochenmasse nimmt ab, die Knochen sind anfälliger für Brüche. Auch die Wirbelsäule kann von Osteoporose betroffen sein. Vor allem Frauen sind von Umstellungen des Hormonhaushalts kurz nach der Menopause betroffen. Infolgedessen brechen vermehrt die Wirbelkörper im Rücken ein. So entstehen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen.
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Wie werden chronische Rückenschmerzen diagnostiziert?
Eine fundierte Diagnose braucht bei Vorstellung beim Arzt eine ausführliche Krankheitsgeschichte der Betroffenen. In vielen Fällen ist es besonders im Falle der chronischen Rückenschmerzen schon zu häufigeren Vorstellungsterminen beim Arzt gekommen. Entweder die Schmerzen halten bereits lange an, oder kehren immer wieder zurück, sodass Ihre Arztpraxis im besten Falle die Historie des Krankheitsverlaufs genau verfolgen und analysieren kann.
Die ärztliche Untersuchung kann bei der Diagnose auch den gesamten Körper umfassen. Da Rückenschmerzen, die sich chronifizieren, auch mehr als einen Ursachenherd haben können, lohnt sich meist die Betrachtung von verschiedenen Winkeln. Teilweise werden bildgebende Verfahren eingesetzt, um eine mögliche organische Ursache zu erfassen.
Wie werden chronische Rückenschmerzen behandelt?
Die Unterschiede in Ursache, Ursprung und Schmerzempfinden rufen bei chronischen Rückenschmerzen nach einer ebenso divers aufgestellten Behandlung. Verschiedene Optionen werden auf das persönliche Schmerzbild und Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt. Multimodale Konzepte sind bei der Behandlung besonders effektiv. Sie kombinieren verschiedene Maßnahmen und Einflüsse aus unterschiedlichen Fachrichtungen, um auf den individuellen Schmerzbefund eingehen zu können.
Sport gegen Rückenschmerzen
Sport und Bewegung werden gerne als Therapiebegleitung bei chronischen Schmerzen eingesetzt. Besonders, weil die Bewegung oftmals erst den Schmerz hervorruft, neigen Betroffene dazu, schonende Haltungen einzunehmen oder Bewegungen so gut es geht zu meiden. In vielen Fällen führt diese Taktik aber zu einer Verschlimmerung der Symptome.
Bewegung in langsamer und schonender Form, wie beispielsweise beim Yoga oder Pilates, können den Bewegungsapparat stärken und Schmerzquellen gezielt trainieren.
Entspannungstechniken
Eine schonende Haltung zur Vermeidung von Schmerzen bringt meist eine Verspannung an anderer Stelle mit sich. Viele Betroffene klagen infolgedessen im Laufe der Erkrankung über weitere Schmerzentwicklungen in Nacken und Schulter. Durch progressive Muskelentspannung sollen Betroffene die Körperwahrnehmung zurückerlangen und lernen, sich bewusst zu entspannen. So werden durch wiederholtes Entspannen und Anspannen einzelner Muskelpartien Kontrolle und Wahrnehmung über den Bewegungsapparat erlangt. Muskelverspannungen werden gelöst. Auch im Rahmen von psychisch bedingten Rückenschmerzen helfen Muskelentspannungen oder auch Achtsamkeitstrainings.
Medikamente bei Rückenschmerzen
Je nachdem welches Stadium die Rückenschmerzen erreichen, können auch schmerzlindernde Medikamente über einen kontrollierten Zeitraum verschrieben werden. Zu den möglichen Medikamenten gehören Nichtopioide Schmerzmittel, wie Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Coxibe, Paracetamol und Metamizol. Aber auch Opioide, Muskelrelaxanzien, Antiepileptische Medikamente und Antidepressiva kommen bei Rückenschmerzen zum Einsatz.
Auch eine lokale Injektion von entzündungshemmenden Medikamenten ist möglich. Diese periradikuläre Therapie (PRT) wird im Rahmen einer interventionellen Schmerztherapie angewandt. Außerdem kann ein Schmerzkatheter angewandt werden, wenn Betroffene kurzfristig, beispielsweise aufgrund von operativen Eingriffen, schnelle Linderung benötigen.
Welche Medikamente eingesetzt werden, hängt ganz von Art und Ursprung der Schmerzen ab. Grundsätzlich spielt die Therapie durch Medikamente bei chronischen Rückenschmerzen aber nur eine untergeordnete Rolle. Eine regelmäßige Überwachung und auch die Entscheidung durch die Betroffenen zum Nutzen und Risiken durch Medikamente ist dabei von großer Bedeutung.
Facettengelenksdenervierung
Ein weiterer Ausweg aus dem Schmerz kann die einzelne Behandlung des schmerzgebenden Nervs sein. Dieser wird in einer Thermokoagulation durch die Platzierung einer Radiofrequenzsonde am Nerv erhitzt. Dadurch wird die Funktion, den Schmerz vom Nerv an das Gehirn weiterzuleiten, dauerhaft deaktiviert. Dies ist allerdings nur im Falle des Facettengelenkschmerzes (Facettensyndrom), das durch einen Facharzt festgestellt werden muss, eine Option.
Weitere Möglichkeiten der Behandlung umfassen Neuromodulation, Akupunktur oder die physikalische Therapie mit Wärme oder Kälte.
Chronische Rückenschmerzen – Risiken und Prävention
Durch die anhaltende Belastung und den Schmerz, den chronische Rückenschmerzen mit sich bringen, sind Betroffene meist körperlich und psychisch angeschlagen. Ein Dauerzustand mit Schmerz belastet den Alltag, kann sich auf die Schlafgesundheit und die berufliche Belastbarkeit auswirken und lässt aus Angst vor weiteren Schmerzen die Betroffenen immer weniger Bewegung ausführen. Gewichtszunahme bis hin zu Übergewicht und Depressionen können die Folge sein.
Wenn der berufliche Erfolg an die körperliche Fitness und Bewegungsfreiheit gebunden ist, kommt zusätzlicher Druck hinzu. Die Angst, durch anhaltende Rückenschmerzen berufliche Nachteile zu erfahren oder den Job gar nicht mehr ausführen zu können, kann zusätzlichen Einfluss auf die Chronifizierung der Rückenschmerzen haben. Im schlimmsten Fall stressen sich Betroffene mit akuten Rückenschmerzen so sehr, dass sie durch die Besorgnis weitere Verspannungen und Ursachenquellen generieren und die Schmerzen dadurch chronisch werden.
Die rechtzeitige Vorstellung beim Arzt, eine genaue Überwachung der Schmerzentwicklung und präventive Maßnahmen sind wesentlich effektiver. Maßnahmen wie Sport, gesunde Ernährung gegen Übergewicht, Entspannungsübungen, Bürogymnastik oder ein ergonomischer Arbeitsplatz, sowie richtiges Heben und Tragen sind Möglichkeiten, die Sie in der Behandlung und Prävention von chronischen Rückenschmerzen unterstützen.
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