Selbst wer sich nicht aktiv mit dem Thema auseinandersetzt, ist in den vergangenen Jahren vermutlich schon mit dem Begriff des demografischen Wandels konfrontiert worden. Nicht nur in den Nachrichten, sondern auch im Alltag sind der demografische Wandel und die weiter steigende Lebenserwartung oft mit Sorgen verbunden. Das gilt besonders, wenn es um die Auswirkungen für den Arbeitsmarkt oder auch das Gesundheitswesen geht. Doch so allgegenwärtig diese Begriffe sind, so undurchsichtig können sie auch sein und zahlreiche Fragen aufwerfen.
In unserem Artikel klären wir Sie über die wichtigsten Punkte zum demografischen Wandel auf. Wir informieren über aktuelle Trends der Bevölkerungsentwicklung und erläutern, welche Auswirkungen sich für verschiedene Teilbereiche der Gesellschaft ergeben.
Was ist der demografische Wandel?
Der demografische Wandel beschreibt die Veränderungen innerhalb der Struktur der Bevölkerung. Besonders wichtig für die Analyse sind dabei die Altersstruktur und die Entwicklung der Geburten- sowie Sterberaten. Diese zeigen jeweils die Anzahl der jährlichen Geburten und Todesfälle in einem bestimmten Bereich im Verhältnis zur gesamten Bevölkerungsanzahl auf. Auch verschiedene Migrationsbewegungen werden bei der Berechnung mit einbezogen. Zu diesen Migrationsbewegungen zählen allerdings nicht nur Zuzüge von Menschen aus anderen Ländern, sondern auch Wegzüge von deutschen Staatsbürgern ins Ausland.
Generell ist der demografische Wandel in vielen Gesellschaften weltweit zu beobachten. Allerdings sind die spezifischen Entwicklungen und Auswirkungen von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland deutet sich der demografische Wandel seit den 1970er-Jahren an. Er ist vor allem auf die Wechselwirkungen der Geburtenrate im Verhältnis zur Sterberate sowie eine erhöhte Lebenserwartung durch medizinische und gesellschaftliche Fortschritte zurückzuführen.
Ursachen und statistische Entwicklungen
Diese Umstände sorgen dafür, dass sich der demografische Rahmen in Deutschland seit Jahrzehnten deutlich verschiebt. Heutzutage ist jede zweite Person in Deutschland älter als 45 Jahre, jede sechste Person sogar älter als 66 Jahre. Aktuelle Statistiken belegen diesen Trend: Seit 1991 ist die Zahl von Personen, die 65 Jahre und älter sind, deutschlandweit von 12 Millionen auf 18,7 Millionen im Jahr 2022 angestiegen. Besonders rapide steigt zudem die Gruppe der hochbetagten Menschen ab 85 Jahren an. Sie hat sich von 1991 bis 2022 verdoppelt.
Diese Entwicklung liegt im Besonderen auch daran, dass die durchschnittliche Lebenserwartung stark gestiegen ist. Im Vergleich zum Jahr 1960 leben Frauen inzwischen 10,4 und Männer 10,8 Jahre länger– ein Positivtrend, der eine älter werdende Gesellschaft stark begünstigt. Lediglich in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 stiegen die Sterbezahlen in Deutschland deutlich. Ob sich diese Entwicklung auch nach dem Abklingen der Pandemie hält, kann noch nicht exakt vorausgesagt werden. Die berechneten Werte für die entsprechende Lebenserwartung basieren dabei auf sogenannten Sterbetafeln. Diese sind spezielle demografische Modelle, welche eine umfassende Beurteilung der Sterblichkeitsverhältnisse innerhalb der Bevölkerung ermöglichen. Es gibt verschiedene Arten der Sterbetafel, häufig werden allerdings sogenannte Periodensterbetafeln genutzt. Anhand dieser lassen sich Veränderungen der Sterblichkeitsrate über die Zeit oder auch im regionalen Vergleich ableiten.
Familienplanung und Geburtenrate
Allerdings ist der demografische Wandel in Deutschland auch auf anderweitige Ursachen zurückzuführen. Insbesondere veränderte Familienmodelle spielen eine starke Rolle in der Veränderung der Gesellschaftsstruktur. Seit der Jahrtausendwende ist die Anzahl der Familien deutlich zurückgegangen – im Jahr 1996 gab es noch 13,2 Millionen Familien in Deutschland, im Jahr 2022 waren es nur noch 11,9 Millionen.
Hinzu kommt, dass auch der Geburtenrückgang einen Abwärtstrend signalisiert. Im Durchschnitt der vergangenen 40 Jahre bringen Frauen rund 1,4 Kinder zur Welt, für die konstante Erhaltung von Bevölkerungsanzahl und demografischer Struktur wären allerdings durchschnittlich 2,1 Kinder notwendig. So wird aktuell jede Elterngeneration nur zu zwei Dritteln ersetzt, was einerseits zum Bevölkerungsrückgang, andererseits zu einer älter werdenden Gesellschaft beiträgt. Generell neigen jüngere Geburtsjahrgänge zudem zu einer deutlich späteren Familiengründung als noch vor einigen Jahrzehnten. Die Folge: Der Anteil der über 65-jährigen Personen an der Gesamtbevölkerung ist zwischen 1991 und 2021 von 15% auf 22% angestiegen.
Die Ursachenkette, die den demografischen Wandel vorantreibt, ist komplex und von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Dennoch sind es vor allem diese Kernfaktoren, die einen großen Teil zur Veränderung der Gesellschaftsstruktur beitragen.
Folgen und Auswirkungen des demografischen Wandels
In vielen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft sind die Auswirkungen des demografischen Wandels und der immer weiter steigenden Lebenserwartung bereits angekommen und beeinflussen diese stark.
Auswirkungen auf das Sozialsystem
Besonders die verschiedenen Sozialsysteme werden in Zukunft äußerst stark vom demografischen Wandel betroffen sein. Renten-, Pflege- und Gesundheitssysteme werden grundlegenden Veränderungen gegenüberstehen.
Grund hierfür ist vor allem der Generationenvertrag im Rentensystem sowie vergleichbare Ausgleichsmechanismen für Ausgaben, die im Alter stärker anfallen. Auf diesen Mechanismen basieren die Gesundheits- und Pflegesysteme. Durch den zunehmenden Bevölkerungsrückgang steigt die Schuldenlast pro Kopf und die Bereitstellungkosten für unteilbare öffentliche Güter. Gleichzeitig reduziert sich durch die Alterung der Gesellschaft auch die Anzahl der Steuereinnahmen von Personen im Erwerbsalter, was für zusätzliche Engpässe sorgen kann.
Auch auf das Rentensystem kann der demografische Wandel einen signifikanten Einfluss haben. Aktuell funktioniert dieses auf der Basis, dass zukünftige Generationen die Rente der heute Erwerbstätigen finanzieren, die durch ihre vergangenen Beitragszahlungen sogenannte Eigentumsansprüche erworben haben. Eine Verringerung der Beitragszahlenden würde aber ein Ungleichgewicht verursachen. Halbiert sich die Anzahl, würden sich die nötigen Beiträge von aktuell Erwerbstätigen verdoppeln. Alternativ würde sich das Rentenniveau halbieren. Solche Modelle sind derzeit noch Theorien, zeigen allerdings einen dringenden Handlungsbedarf, der durch den demografischen Wandel entsteht.
Die ohnehin schon vom Fachkräftemangel gebeutelte Pflegebranche wird – sollte sich die Entwicklung des demografischen Wandels auf einem ähnlichen Niveau fortsetzen – in Zukunft noch stärker belastet werden. Bereits aktuelle Zahlen zeigen auf, dass zukünftig immer mehr ältere Menschen mit verschiedensten Einschränkungen im Alltag von einem alternden Pflegepersonal betreut werden müssen. Nachwuchs ist nur schwer anzuwerben und Karriereperspektiven sind nicht immer gegeben. Selbst in Krankenhäusern könnten im schlimmsten Fall Versorgungsengpässe entstehen. Auch die durchschnittlich geringere Familiengröße hat hier Auswirkungen. Momentan werden gut zwei Drittel aller Pflegebedürftigen von Angehörigen betreut. Das kann allerdings in Zukunft möglicherweise nicht mehr gewährleistet werden. Gründe hierfür sind sowohl eine geringere Anzahl von Kindern als auch veränderte Lebensmodelle, die oft auch einen frühen Wechsel des Wohnortes mit sich ziehen.
Folgen für den Arbeitsmarkt
Auf dem deutschen Arbeitsmarkt könnte der demografische Wandel in naher bis mittlerer Zukunft dafür sorgen, dass der bereits heute in Teilen vorhandene Fachkräftemangel deutlich verstärkt wird. Durch die fortschreitende Alterung der Gesellschaft werden sich für offene Stellen immer weniger potenzielle Arbeitnehmer finden. Hauptindikator hierfür ist das sogenannte Erwerbspersonenpotential. Momentan wird dieses Potential von Migrationswellen in den 2010er-Jahren und der noch erwerbstätigen Babyboomer-Generation verhältnismäßig stabil gehalten.
Spätestens, wenn diese Generation in Rente geht, wird sich das jedoch ändern. Derzeit gehen Modellberechnungen davon aus, dass dieses Potenzial bis 2035 im besten Fall um 1,5 Prozent sinkt. Realistisch betrachtet kann aber durchaus mit Werten von bis zu 6 Prozent gerechnet werden. Besonders diejenigen Branchen, die heute schon mit Problemen zu kämpfen haben, werden hier stark betroffen sein. Wichtig wird daher in Zukunft sein, neue Arbeitsmodelle und auch digitale Prozesse zu nutzen. So wird einerseits die Produktivität in Unternehmen gesteigert. Andererseits können Bewerber gezielter gefunden und mit attraktiven Angeboten auch langfristig gebunden werden.
Generell wird sich der demografische Wandel in den kommenden Jahrzehnten auf viele Bereiche des persönlichen und gesellschaftlichen Lebens auswirken. Nicht immer ist man davon als Einzelner betroffen. Dennoch sollte man sich mit den entsprechenden Prozessen vertraut machen und rechtzeitig die Weichen für die Zukunft stellen.
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Wie wird sich der demografische Wandel entwickeln?
Um die langfristigen Entwicklungen des demografischen Wandels vorhersagen zu können, veröffentlicht die Bundesregierung in regelmäßigen Abständen die sogenannte koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland und die einzelnen Bundesländer. In der aktuell 15. Bevölkerungsvorausberechnung wird die Zeitspanne von 2022 bis 2070 aufgezeigt. Mit folgenden Kernentwicklungen ist zu rechnen:
- Vor dem Hintergrund einer moderaten Entwicklung von Geburtenrate, Lebenserwartung und Zuwanderung würde die Bevölkerung bis 2031 auf 85 Millionen Menschen anwachsen, im Anschluss bis 2070 aber wieder auf 83 Millionen Menschen schrumpfen
- Die Zahl der Menschen im Rentenalter, also ab 67 Jahren, wird bis 2030 von aktuell 16,4 Millionen auf mindestens 20 Millionen steigen
- Bis Mitte der 2030er-Jahre wird die Zahl der ab 80-Jährigen noch recht stabil bleiben, danach allerdings sehr stark zunehmen
- Für die westdeutschen Länder und Stadtstaaten wird die Alterung der Bevölkerung die größte Herausforderung darstellen, für die neuen Bundesländer hingegen das verringerte Erwerbspersonenpotential und der damit verbundene Fachkräftemangel
Selbstverständlich geben diese Zahlen nur den aktuellen Forschungsstand wieder. Spontane Entwicklungen oder gravierende Einschnitte können hier noch entsprechende Weichen stellen.
Fest steht aber dennoch: Die deutsche Gesellschaft wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten älter und Familien müssen sich auf eine erhöhte Anzahl pflegebedürftiger Menschen einstellen.
Um im Ernstfall nicht mit exorbitant hohen Pflegekosten kalkulieren zu müssen, empfiehlt es sich, frühzeitig die richtige Vorsorge zu treffen.
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