Erbschaftssteuergesetz: Was ist die Erbschaftssteuer?
Die Erbschaftssteuer wird in Deutschland durch das Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) einheitlich geregelt. Das Gesetz setzt dabei einen bestimmten Steuersatz auf alle Erbschaften und Schenkungen an. Das heißt, Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer zahlt jeder, der ein Erbe antritt oder eine Schenkung erhält unabhängig von der Art des Erbes (Immobilien, Unternehmen, Geld). Erben, die den Nachlass eines Verstorbenen annehmen, oder Personen, die bereits zu Lebzeiten eines Erblassers eine Schenkung erhalten, müssen dies innerhalb einer Frist von drei Monaten dem Finanzamt melden (§ 30 ErbStG). Meist reicht hierfür bereits ein formloses Anschreiben aus, in dem sie die Schenkungs- bzw. Erbschaftssumme aufführen. Das Dokument sollte dann innerhalb des festgelegten Zeitraums an die zuständigen Behörden gesendet werden. Verantwortlich für die Erbschaftssteuer ist immer das Finanzamt am Wohnsitz des Erblassers oder Schenkenden.
Unterlassen Sie die Meldung einer Erbschaft beim Finanzamt, drohen empfindliche Strafen. Hinzu kommt, dass Banken, Versicherungen und Notare verpflichtet sind, alle Informationen über einen Erbfall bei der Behörde zu melden.
Wann muss ich Erbschaftssteuer bezahlen?
Erbschafts- und Schenkungssteuer müssen Sie grundsätzlich dann bezahlen, wenn Sie geerbt oder eine Schenkung angenommen haben. Zudem müssen auch Personen Erbschaftssteuer bezahlen, die das Vermögen eines Vereins oder einer Stiftung übernehmen.
Zuletzt sind auch Personen, die eine Zweckzuwendung erhalten haben, per Gesetz verpflichtet, diese zu versteuern.
Erbschafts- oder Schenkungssteuer zahlen müssen:
- Personen, die erben
- Personen, die eine Schenkung erhalten haben
- Personen, die das Vermögen einer Stiftung oder eines Vereins bekommen
- Personen, die eine Zweckzuwendung erhalten haben
Hinweis: Auch bei einer Zweckzuwendung handelt es sich um eine Art Erbschaft, die – wenngleich an bestimmte Auflagen geknüpft – sowohl zu Lebzeiten als auch nach dem Tod von einem Erblasser erteilt werden kann. Die Besonderheit liegt in dem bestimmten Zweck der Hinterlassenschaft: So kann beispielsweise ein Erbe von 10.000 Euro zwar an die Nachbarin des Erblassers ausgestellt werden, jedoch mit der Prämisse das Geld ausschließlich zur Pflege des hinterbliebenen Haustieres zu verwenden.
Als Erbe haben Sie außerdem die Verantwortung für eine letzte Steuererklärung der verstorbenen Person. Als zweite steuerliche Angelegenheit handelt es sich dabei nicht um die Erbschaftssteuer.
Wie hoch ist die Erbschaftssteuer?
Die Höhe der Erbschaftssteuer berechnet sich relativ leicht unter der Berücksichtigung zweier Faktoren. So wird einerseits der Verwandtschaftsgrad, den der Beschenkte oder Erbe zum Erblasser oder Verstorbenen hat, berücksichtigt. Zum anderen ist auch die Höhe der Erbmasse für die zu zahlende Steuersumme entscheidend. Insgesamt werden so drei Steuerklassen unterschieden:
- Steuerklasse I
Zu dieser Steuerklasse zählen alle Verwandten ersten Grades wie Eltern, Ehe- oder Lebenspartner, Kinder und Enkelkinder. Sie sind die nächsten Verwandten des Erblassers und werden am meisten begünstigt. Auch in diese Steuerklasse fallen unabhängig des Verwandtschaftsgrades alle Betriebsnachfolger, die im Todesfall ein Unternehmen erben. Der Steuersatz in der Steuerklasse liegt bei mindestens sieben Prozent für eine Erbschaftssumme von bis zu 75.000 Euro und maximal 30 Prozent bei einer Erbschaftssumme von über 26 Millionen Euro.
- Steuerklasse II
In diese Steuerklasse fallen nahe Verwandte des Erblassers wie Geschwister, Neffen/Nichten, Schwiegereltern und –Kinder sowie ehemalige Ehepartner. Der Steuersatz liegt im Vergleich zur ersten Steuerklasse etwas höher. So beginnt der niedrigste Satz bei 15 Prozent für ein Erbe von bis zu 75.000 Euro und kann maximal auf 43 Prozent bei einer Summe von über 26 Millionen Euro steigen.
- Steuerklasse III
Die letzte und gleichzeitig höchste Steuerklasse beinhaltet alle übrigen Erben wie langjährige Lebensgefährten, Freunde oder Nachbarn. Bei dieser Steuerklasse beginnt der Steuersatz bei 30 Prozent für Erbschaften bis zu 75.000 Euro und kann auf bis zu 50 Prozent ansteigen, sollte die Nachlasssumme mehr als 26 Millionen Euro betragen.
Steuerpflichtige Höhe des Erbschaftswertes | Steuersatz der Steuerklasse I | Steuersatz der Steuerklasse II | Steuersatz der Steuerklasse III |
---|---|---|---|
75.000 Euro | 7 % | 15 % | 30 % |
300.000 Euro | 11 % | 20 % | 30 % |
600.000 Euro | 15 % | 25 % | 30 % |
6.000.000 Euro | 19 % | 30 % | 30 % |
13.000.000 Euro | 23 % | 35 % | 50 % |
26.000.000 Euro | 27 % | 40 % | 50 % |
> 26.000.000 Euro | 30 % | 43 % | 50 % |
Welche Freibeträge können Sie geltend machen?
Jeder deutsche Bürger besitzt bei Schenkungen oder Erbschaften einen bestimmten Freibetrag. So kann die Erbschaftssteuer in den meisten Fällen aufgrund der geringeren Steuerbemessungsgrundlage deutlich reduziert werden. Die Erbschaftssteuer fällt also nur dann an, wenn der Freibetrag unter der Nachlasssumme liegt. Die darüber liegende Differenz muss dann als Einnahme nach dem ErbStG versteuert werden.
Dabei richtet sich die Höhe der Freibeträge nach dem Verwandtschaftsgrad und je nach Steuerklasse.
Verwandtschaftsgrad | Freibetrag | Steuerklasse |
---|---|---|
Ehepartner, eingetragene Lebenspartner | 500.000 Euro | I |
Kinder, Adoptivkinder, Stiefkinder | 400.000 Euro | I |
Enkelkinder | 200.000 Euro | I |
Eltern, Großeltern bei Erbe | 100.000 Euro | I |
Eltern, Großeltern bei Schenkung | 20.000 Euro | II |
Geschwister, Neffen/Nichten, geschiedene Ehepartner sowie Schwiegerkinder und -eltern | 20.000 Euro | II |
Alle anderen Erben oder Beschenkten | 20.000 Euro | III |
Welche weiteren Freibeträge stehen Ihnen zu?
Neben den normalen Freibeträgen stehen Ihnen je nach Verwandtschaftsgrad so genannte Versorgungsfreibeträge zu. Diese können kombiniert mit den normalen Freibeträgen zur weiteren Reduzierung der Steuerbemessungsgrundlage und damit zur Senkung der zu zahlenden Steuern führen.
Der Versorgungsfreibetrag soll zunächst sicherstellen, dass die Versorgung der hinterbliebenen Kinder und des Ehepartners jederzeit gewährleistet werden kann. Deshalb können diese Freibeträge jedoch auch nur von Ehepartnern und Kindern eines Erblassers geltend gemacht werden. Ehepartner haben dabei immer Anspruch auf einen Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro. Die Höhe des Freibetrages bei Kindern richtet sich nach dem Alter.
Alter des Kindes | Versorgungs– freibetrag |
---|---|
0 – 5 Jahre | 52.000 Euro |
5 – 10 Jahre | 41.000 Euro |
10 – 15 Jahre | 30.700 Euro |
15 – 20 Jahre | 20.500 Euro |
20 – 27 Jahre | 10.300 Euro |
Neben den normalen Erbschafts- sowie den Versorgungsfreibeträgen, gibt es weitere Möglichkeiten zusätzliche Freibeträge anrechnen zu lassen. Je nach Situation und Verwandtschaftsgrad lassen sich als Ehepartner so Freibeträge von knapp 800.000 Euro zusammenbringen.
Weitere Freibeträge sind z. B.
- Haushaltsfreibetrag (Steuerklasse I, 41.000 Euro)
- Freibetrag für bewegliche Gegenstände (Steuerklasse I, 12.000 Euro)
- Pflegefreibetrag (je nach Umfang der Pflege bis zu 20.000 Euro)
Welche Vorteile hat es, auf Umwegen zu vererben?
Damit die Erbschaftssteuer reduziert werden kann, ist es oft von Vorteil sein Vermögen über Umwege zu vererben. Für dieses Modell wird ein Vorerbe dem eigentlichen Erben zwischengeschaltet. Konkret bedeutet das, dass diejenigen Verwandten mit den höchsten Freibeträgen zunächst das Erbe mittels eines Testaments vermacht bekommen und dieses Erbe nach deren Tod an eine festgelegte Person geht.
Will beispielsweise eine junge, kinderlose Frau nach ihrem Tod die Eigentumswohnung ihrer Nichte vermachen, so ist es sinnvoll das Erbe zunächst den Eltern der Erblasserin zu vermachen. Diese profitieren von einem Freibetrag von 100.000 Euro anstatt der 20.000 Euro, die die Nichte als Freibetrag bekommen würde. Erbt nach dem Tod der Großeltern nun das Enkelkind die Wohnung, kann sie einen Freibetrag von 200.000 Euro nutzen. So könnten Freibeträge optimal ausgenutzt und die Erbin entlastet werden. Wichtig ist lediglich, dass diese Erbreihenfolge auch im Testament festgehalten wird.
Welche Sonderregelungen gibt es beim Immobilienerbe?
Besteht der Nachlass eines Erblassers neben dem normalen Geldvermögen auch aus Immobilien, gelten gesonderte Regelungen. Denn für Immobilien fällt die Erbschaftssteuer nur unter bestimmten Bedingungen an. Wohnen der Ehegatte oder die Kinder des Erblassers nämlich mindestens zehn Jahre in der geerbten Immobilie, wird diese von der Erbschaftssteuer ausgeschlossen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Erben spätestens sechs Monate nach dem Erhalt der Erbschaft in die Immobilie eingezogen sind und das Wohnobjekt die nächsten zehn Jahre weder veräußert, noch vermietet wird. Geschieht ein Verkauf oder eine Vermietung vor Ablauf der Zehn-Jahres-Frist, muss die Erbschaftssteuer bemessen am Wert des Hauses nachgezahlt werden. Doch auch hier gibt es eine Ausnahme: Kann der Erbe nachweisen, dass der Verkauf oder die Vermietung aus zwingenden Gründen erforderlich ist, entfällt auch hier die Erbschaftssteuer. Solche zwingenden Gründe sind beispielsweise finanzielle Notlagen oder ein Umzug aus gesundheitlichen bzw. altersbedingten Gründen. Dies geschieht beispielsweise dann, wenn der hinterbliebene Ehepartner in ein Altersheim umziehen muss. Für Kinder des Erblassers gilt, dass diese neben den zehn Jahren Besitz nur dann keine Erbschaftssteuer zahlen müssen, wenn das Haus weniger als 200 Quadratmeter Wohnfläche besitzt. Ist die Wohnimmobilie größer, fällt die Erbschaftssteuer darauf an.
Will man also die Erbschaftssteuer umgehen, muss man die vererbte Immobilie zehn Jahre als Hauptwohnsitz ausweisen. Sollte man jedoch nicht dauerhaft in der Immobilie leben können, lohnt es sich je nach Wert der Immobilie einen Zweitwohnsitz zu beantragen.
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Ist die Schenkung eine Alternative zum Erbe?
Die Schenkungssteuer ist äquivalent zur Erbschaftssteuer immer dann zu zahlen, wenn eine Schenkung vollzogen wird. Als Schenkungen gelten Wertüberlassungen jeglicher Art, selbst wenn diese als Vorschuss auf das eigentliche Erbe oder als Abfindung auf einen Erbverzicht gezahlt werden. Doch auch hier gelten die oben genannten Freibeträge, die sich je nach Verwandtschaftsgrad zwischen Schenkenden und Beschenktem ändern können. Ebenso sind auch die Steuersätze der Schenkungssteuer gleichzusetzen mit denen der Erbschaftsteuer.
Steuerlich gesehen werden also ein Geschenk und ein Erbe gleich behandelt. Denn jedes Geschenk, das eine Person zehn Jahre vor ihrem Tod gemacht hat, wird in der Erbschaftssteuer berücksichtigt. Dennoch gibt es ein paar Kleinigkeiten, die Schenkungen von einem Erbe unterscheiden:
- Versorgungsfreibeträge:
Da der Versorgungsfreibetrag die Absicherung des Ehepartners nach dem Tod gewährleistet, kann dieser Freibetrag nicht auf eine Schenkung angerechnet werden.
- Wohneigentum:
Selbstgenutzte Immobilien sind bei einer Schenkung nur für Ehepartner steuerfrei, nicht jedoch für die eigenen Kinder.
- Steuerklassen:
Die Steuerklassen bei Schenkungen sind denen beim Erbe ähnlich – mit einer Ausnahme: Groß- und Urgroßeltern werden in die ungünstigere Steuerklasse II geschoben.
Was muss man bei einer Schenkung von Immobilien beachten?
Auch Immobilien werden bei Schenkungen besteuert. Jedoch fallen bei nicht selbst genutztem Wohneigentum nur 90 Prozent der Schenkungssteuer an. Will der Beschenkte die Schenkungssteuer umgehen, muss er wie bei einem Erbe mindestens zehn Jahre in der Immobilie wohnen. Das gilt jedoch nur für Ehe- oder Lebenspartner. Selbst genutztes Wohneigentum ist für die Kinder des Schenkenden nicht steuerfrei.
Im Übrigen können Sie die Erbschaftssteuer durch eine Schenkung auch umgehen, ohne dass Sie Ihr Nutzrecht der Wohnimmobilie verlieren. Mit dem so genannten Nießbrauch können Sie ihre Immobilie bereits vor dem Tod jemandem überschreiben und trotzdem bis zum Lebensende darin wohnen bleiben. Zwar wird der Beschenkte dann ins Grundbuch eingetragen, das Wohnrecht bleibt Ihnen jedoch auf Lebenszeit. Eine Schenkung, insbesondere bei Immobilien, sollte immer durch einen notariell beurkundeten Vertrag beglaubigt werden.
Kann eine Schenkung rückgängig gemacht werden?
Vermögenswerte wie Immobilien, Geld oder Geschäftsanteile zu verschenken ist eine Entscheidung mit Tragweite. Nicht selten wird diese Entscheidung im Nachhinein wieder revidiert. Unabhängig von persönlichen Beweggründen kann eine Schenkung auf rechtlicher Basis nur rückgängig gemacht werden, wenn drastische Gründe vorliegen und diese vertraglich festgehalten wurden. Zu den gesetzlichen Widerrufsgründen zählen:
- Verarmung:
Die Rückforderung der Schenkung wird vor allem dann gesetzlich gesichert, wenn der Schenkende nach dem Vollzug der Schenkung nicht mehr im Stande ist, seinen eigenen Unterhalt zu bestreiten. Das gilt auch im Pflegefall. Sollte die Pflege zu teuer werden, kann das Sozialamt vom zu Pflegenden bereits verschenkte Vermögenswerte der letzten zehn Jahre wieder zurückfordern. Eine Verarmung liegt aber auch dann vor, wenn der Schenkende unterhaltspflichtigen Angehörigen nicht mehr nachkommen kann. Für den Beschenkten gibt es dann die Möglichkeit das Geschenk zurückzugeben oder dem Schenkenden die notwendigen Mittel für die Aufwendungen bereitzustellen.
- Notbedarf:
Ist eine Schenkung bereits versprochen und gerät der Schenkende kurz darauf in eine Notlage, kann der Vollzug der Schenkung verschoben werden. Dies geschieht so lange, bis der Schenkende die Erfüllung seiner Unterhaltspflicht wieder selbst aufnehmen kann.
- Grober Undank:
Der wohl häufigste Grund für eine Rücknahme der Schenkung ist der grobe Undank des Beschenkten. Begeht der Beschenkte also eine schwere und moralisch vorwerfbare Verfehlung gegenüber dem Schenkenden, kann das Geschenk zurückgefordert werden. Zu grobem Undank zählen z. B. Bedrohungen/Misshandlungen des Schenkers, Beleidigungen, grundlose Strafanzeigen oder ehewidriges Verhalten wie Untreue.
Wie kann ein Testament zur Senkung der Erbschaftssteuer beitragen?
Ein ausgeklügeltes Testament kann sich im Bereich der Erbschaftssteuer wirklich bezahlt machen. So setzen viele Deutsche beispielsweise beim „Berliner Testament“ den Ehegatten im Todesfall als Alleinerben ein. Die Kinder erben erst, wenn beide Elternteile verstorben sind. Das hat den Nachteil, dass der Ehegatte lediglich seinen Freibetrag zur Verfügung hat, nicht jedoch den der Kinder. Es ist also durchaus sinnvoll sich bereits frühzeitig mit unterschiedlichsten Formen von Testamenten zu beschäftigen. Lesen Sie in unserem Artikel, welche Testamentarten es noch gibt und welche Vor- und Nachteile diese mit sich bringen.
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