Jeder von Ihnen hat sie: Nachbarn. Mit manchen von ihnen kommt man besser, mit anderen schlechter aus. Besonders, wenn man ein eigenes Haus mit Grundstück besitzt ist es wichtig, mit seinen Nachbarn gut zurechtzukommen und Streit zu vermeiden. Ein Thema, das oft zu heftigen Diskussionen führt, ist die Frage nach den Grundstücksgrenzen. Deshalb ist es besser, bereits vor dem Neu- oder Umbau eines Hauses diese zu kennen. Doch woher weiß ich eigentlich, wie die Grundstücksgrenze verläuft? Wie viel Abstand muss ich beim Bau des Hauses zum Nachbarn einhalten? Und welche Besonderheiten gelten bei der Grenzbebauung? Die Nachbarschaftsgesetze des Bürgerlichen Gesetzbuches haben hierfür klare Regeln aufgestellt, die wir Ihnen in unserem Beitrag vorstellen.
Zaun, Hecke oder Mauer: Was sind eigentlich Grundstücksgrenzen?
Der Grenzverlauf eines Grundstückes sichert nicht nur das Eigentum von Personen, sondern steckt über ein gewisses Gebiet auch rechtliche Ansprüche ab. Um diesbezüglich Streitigkeiten vorzubeugen, sind die Grenzansprüche über das Nachbarschaftsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches definiert. Die eigene Festlegung des Grundstückes ergibt sich dabei über amtliche Nachweise und genaue Kartierungen der Flächen bei Vermessungsbehörden.
Viele Grundstücke sind zudem durch eine Einfriedung begrenzt. Die Einfriedung bezeichnet Zäune, Mauern, Grenzwände oder andere Grenzeinrichtungen, die ein Grundstück umgeben. Dennoch haben Zäune, Mauern, Hecken und Co. keinen verbindlichen Charakter. Denn in Deutschland besteht keine generelle Pflicht zur Einfriedung. Wie die Bestimmungen zur Einfriedung sind, hängt von dem Bundesland ab. In der Regel sind die Pflichten und Regeln zu Zäunen, Hecken und dergleichen auch hier in den Nachbarschaftsrechten definiert. Doch wie genau erkennen Sie nun Ihre Grundstücksgrenze vor Ort?
Wie sehen Sie die Grundstücksgrenze vor Ort?
Kartierungen oder Abmessungen bringen die meisten Bauherren vor Ort nicht weiter. Denn die Grundstücksgrenzen sind auf dem Papier sehr abstrakt. Deshalb gibt es auch vor Ort spezielle Markierungen – so genannte Grenzsteine. Diese definieren die Grundstücksgrenzen und sind von den Behörden tief in den Boden eingelassen. Sie bestehen in der Regel aus Beton, Stein oder Kunststoff.
Entgegen der weitläufigen Meinung sind damit nicht Zäune, Hecken oder andere Einfriedungen ausschlaggebend für die Grenzsetzung, sondern die Luftlinie zwischen den Grenzsteinen. Spannen Sie eine Schnur von Grenzstein zu Grenzstein, definiert dies ihre Grundstücksfläche. Weil diese Grenzsteine damit entsprechend wichtig sind, dürfen sie nicht entfernt oder überbaut werden.
Werden die Grenzsteine dennoch (absichtlich oder unabsichtlich) entfernt beziehungsweise versetzt oder fehlt ein Grenzstein, wenden Sie sich an das Vermessungsamt. Auf Basis der genauen Kartierung können die Vermessungsexperten die Grundstücksgrenzen neu berechnen und eine neue Markierung setzen lassen. Dies ist jedoch mit 1.200 bis 1.400 Euro auf Kosten des Antragsstellers nicht gerade günstig. Hinzu kommen Gebühren pro Grenzstein.
Was können Sie tun, wenn die Grundstücksgrenze unklar ist?
Manchmal kommt es vor, dass Grenzsteine nicht gesetzt und Kartierungen nicht eindeutig sind. Kommt es dann zum Streit über die Grundstücksgrenze mit dem Nachbarn, ist die Unsicherheit groß. Ist die Grundstücksgrenze auch durch das Vermessungsamt nicht feststellbar, kann ein Grundstückseigentümer über das Gericht seinen Grenzverlauf beurteilen lassen. Dies geschieht über eine so genannte Grenzscheidungsklage (Grenzverwirrung des §920 BGB). Die Kosten für ein solches Verfahren können jedoch sehr hoch werden und belasten gerade während eines Hausbaus die Bauherren. Eine Rechtsschutzversicherung sichert Sie in solchen Fällen ab, die Sie als Hausbesitzer in Ihren Kostenplan mit bedenken sollten.
Kommt das Gericht zu keinem eindeutigen Urteil bezüglich der Grenze, wird in der Regel auf den Besitzstand abgestellt. Das heißt: Streiten sich zwei Nachbarn um ein und dieselbe Fläche, wird diese demjenigen zugewiesen, der sie in der Vergangenheit genutzt hat. Um solche Streitigkeiten und eine zwangsweise Feststellung der Grundstücksverhältnisse durch Gericht zu vermeiden, kann auch eine außergerichtliche Vereinbarung durch einen „Grenzfeststellungsvertrag“ erfolgen. Ein solcher Vertrag kann beispielsweise auch durch eine Mediation erfolgen. Alle wichtigen Informationen hierzu finden Sie in unserem Lexikoneintrag: „Mediation“ . Die Kosten für eine solche Mediation müssen die Parteien jedoch selbst tragen, insofern keine Rechtsschutzversicherung besteht.
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Wann müssen welche Abstandflächen beachtet werden?
Sind die Grundstücksgrenzen definiert, kann in der Regel mit der Planung der Bebauung begonnen werden. Jedes Gebäude muss dabei einen Mindestabstand zum Nachbargrundstück einhalten. Je nach Bundesland variieren hier die gesetzlichen Vorschriften. Die grobe Faustregel: Der Abstand zum Nachbarn sollte in alle Richtungen mindestens drei Meter betragen.
Berechnet wird die Abstandsfläche mit einer Formel. Diese zeigt auf Basis der Wandhöhe des Hauses den geforderten Mindestabstand auf. Je höher also das Haus, desto größer wird der einzuhaltende Abstand zum Nachbarn. Die Höhe des Hauses wird allerdings je nach Bundesland oder Baugebiet mit einem anderen Faktor multipliziert. So gelten regional unterschiedliche Abstandsregeln.
Ausnahmen sind jedoch auch möglich: Haben Sie ein gutes Verhältnis zu Ihrem Nachbarn, können Sie sich einen geringeren Abstand zu dem Grundstück auch von ihm genehmigen lassen. Diese Vereinbarung sollte zwischen den Nachbarn jedoch unbedingt schriftlich erfolgen. Und auch das Bauamt kann in bestimmten Fällen eine Genehmigung erteilen, näher an den Nachbarn zu bauen.
Ab wann spricht man von einer Grenzbebauung?
Während für ein Wohnhaus ein Mindestabstand von drei Metern gilt, existieren für sogenannte Grenzbebauungen Sonderregeln. Solche können beispielsweise Gebäude wie Garagen, Gartenhäuser oder Nebengebäude sein. Diese können in der Regel innerhalb der Abstandsfläche aufgestellt werden. Die Sonderfälle für die Abstandsregelungen werden in der Landesbauverordnung ausgeführt. Dennoch heißt das nicht immer, dass Sie keine Genehmigung für den Bau brauchen. Zwar ist dies abhängig vom Bundesland, jedoch sind auch für Garagenbauten und größere Gartenbauten Einverständnisse der Behörde einzuholen.
Die Grenzbebauungsregel gilt übrigens auch für Bäume und Büsche. Da auch hier die Regeln je nach Bundesland unterschiedlich sind, muss gesondert in der Landesbauverordnung nachgesehen werden. Die Faustregel lautet jedoch: Je höher die Pflanzen, desto größer der Abstand zum Nachbargrundstück. Zudem dürfen die Randbepflanzungen dann nicht über eine gewisse Höhe wachsen. Wird diese überschritten, muss der Eigentümer die Pflanzen stutzen. Ragt zudem ein Ast des Nachbarbaumes in Ihr Grundstück, dürfen Sie diesen nicht abschneiden. Jedoch ist der Besitzer gleichzeitig zum Kürzen verpflichtet. Wie Sie am besten bei einem Nachbarschaftsstreit reagieren und welche fünf Tipps es zur Lösung eines Nachbarschaftsstreits gibt, erfahren Sie in unserem Beitrag: „Nachbarschaftsstreit: Ursachen, Regeln und Lösungen!“
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