Eine Krebsbehandlung ist umfangreich und beeinflusst immer den gesamten Organismus. Das führt mindestens vorübergehend zu erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen. Darunter leidet auch das Immunsystem. Verstärkt wird diese Nebenwirkung im Rahmen der Chemotherapie. Durch die Behandlung reduziert sich die Zahl der weißen Blutkörperchen, was das Risiko von Infektionen deutlich erhöht. Vor diesem Hintergrund wird immer wieder diskutiert, ob Haustiere in der Familie bleiben dürfen oder ob sogar eine Abschaffung erforderlich ist, um das Leben des Patienten nicht zu gefährden.
Das Haustier in der Familie
Für gesunde Menschen stellen Haustiere kein Risiko dar. Unter der Voraussetzung, dass die Tiere regelmäßig prophylaktisch gegen Parasiten behandelt werden und bei einem Befall sofort Maßnahmen ergriffen werden, leben Menschen mit Tieren nicht ungesünder als alle anderen. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Haustiere haben eine andere Keimbelastung und können somit das Immunsystem von Menschen trainieren. Sofern keine Allergien gegen Haustiere sprechen und genügend Zeit und Sachverstand vorhanden sind, stellen Haustiere für viele Menschen auch eine persönliche Bereicherung dar.
Forscher haben herausgefunden, dass das Streicheln von Katzen den Blutdruck senkt und die Nerven beruhigt. Der Hund hingegen bringt seine Besitzer mehrmals täglich an die frische Luft, sorgt für mehr Geselligkeit und lindert allein durch seine Gegenwart Stresssymptome. Aus gutem Grund werden gerade Hunde auch in Pflegeheimen für die Therapie eingesetzt. Kommt es allerdings zu einer Krebserkrankung, tritt ein Sonderfall ein. Das Immunsystem des Patienten ist über eine gewisse Zeit nicht mehr in der Lage, selbst harmlose Keime abzuwehren. Darauf müssen sich alle Familienmitglieder einstellen, was unschöne Konsequenzen haben kann.
Säuglinge und kleine Kinder dürfen in der heiklen Phase oft nicht zum Krebspatienten. Zu groß ist das Risiko, dass sie noch unerkannt an einer Infektion erkrankt sind, die für den Krebspatienten lebensgefährliche Folgen haben kann. Dieser Umstand ist für die Familie enorm belastend und kleinen Kindern auch kaum zu vermitteln. Bei Tieren kommt das Risiko von Pilzen und Sporen hinzu, ganz besonders bei den Hausgenossen, die naturgemäß auch Zeit im Freien verbringen. Sie können daher infiziert sein oder Erreger an sich tragen, ohne dass sie oder gesunde Menschen akut daran erkranken.
Die Aufgabe der betreuenden Ärzte ist daher, den Patienten und sein persönliches Umfeld für das Risiko durch Haustiere zu sensibilisieren. Das heißt nicht, dass das Tier mit der Diagnose das Haus verlassen muss, denn die Abschaffung des Haustieres kann bei den Patienten und Angehörigen, je nach Bindung, ein extremer Stressfaktor sein. Aus diesem Grunde sind auch Ärzte bemüht, das Risiko zu kalkulieren und eine verträgliche Lösung zu finden.
Tiere anschaffen während der Krebserkrankung?
Auch diese Frage wird häufig gestellt. Ein Grund kann sein, dass der neue Hausgenosse den Patienten aufmuntern und motivieren soll. Der Gedanke ist vor allem nachvollziehbar, wenn Hund oder Katze ein Lebenstraum waren, der bislang nicht verwirklicht werden konnte. Die Entscheidung ist nicht grundsätzlich falsch, sollte aber immer mit den behandelnden Ärzten abgesprochen werden. Die Entscheidung für oder gegen ein Tier bezieht auch die Tierart, das Alter und seine persönliche Eignung mit ein. Je nach Stadium der Erkrankung ist die Anschaffung eines Jungtieres problematisch.
Junge Tiere sind anfälliger für Erkrankungen und können auch nicht gleich gegen alle typischen Infektionen geimpft werden. Darüber hinaus kann ein sehr junges Tier auch zu wild für einen geschwächten Patienten sein. Spitze Welpenzähne oder die Krallen einer jungen Katze können kleine Verletzungen auslösen, die für einen immungeschwächten Patienten ein echtes Problem sind. Erwachsene Tiere mit einem guten Sozialverhalten sind dann deutlich besser geeignet.
In jedem Fall sollte der vierbeinige Hausgenosse einem Tierarzt vorgestellt werden, der die gesundheitliche Verfassung überprüft. Außerdem muss geklärt werden, was mit dem Tier bei einem erneuten Krankenhausaufenthalt passiert. Bei der Planung ist außerdem zu bedenken, dass auch das Tier Bedürfnisse hat. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, können sich Verhaltensstörungen einstellen.
Stammzellentransplantation steht an – was wird aus dem Haustier?
Während der Stammzellentransplantation verbleibt der Patient im Krankenhaus. Wer allein lebt und einen Platz für sein Haustier sucht, sollte sich an den örtlichen Tierschutzverein wenden. Dort wird man sich für gewöhnlich bemühen, für die begrenzte Zeit eine Pflegestelle zu finden. Der Patient wird im Normalfall erst entlassen, wenn sein Immunsystem wieder stabil genug ist, die normale Keimbelastung auszuhalten. In diesem Fall sollte auch das Haustier kein Problem mehr darstellen. Stattdessen schaffen es Tiere, ihren Halter zu trösten und ihn zu einem normalen Tagesrhythmus zu animieren.
Braucht der Patient aber weitere Immunsuppressiva, die das Immunsystem unterdrücken, bleibt der Betroffene im hohen Maß anfällig für alle Arten von Keimen. Auch dann muss das Tier nicht zwingend aus dem Haus. Zunächst sollte es dem Tierarzt vorgestellt und gründlich untersucht werden. Der Tierarzt überprüft den Impfstatus und kümmert sich um die Parasitenprophylaxe. Das Haustier sollte allerdings möglichst kein rohes Fleisch erhalten, denn der Kontakt kann für den Krebspatienten problematisch sein. Auch ist es besser, wenn eine andere Person bei Käfigtieren die Reinigung übernimmt. Das gilt auch für die Katzentoilette oder Aquarien und Terrarien. Der Patient sollte darüber hinaus den Kontakt zum Speichel des Tieres meiden und sich nach jedem Kontakt die Hände waschen.
Ein Risiko sind außerdem Verletzungen, die durch Tiere beim robusten Spielen verursacht werden. Wer exotische Tiere hält, sollte sich an einen Fachtierarzt wenden und ihn mit den betreuenden Ärzten vernetzen. Vor allem Echsen können Infektionen erleiden, die für Krebspatienten ernsthaft gefährlich werden können. Ein Fachmann kann das Risiko durch eine sehr gründliche Begleitung reduzieren.
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Tierkontakt im fortgeschrittenen Stadium der Krebserkrankung
Nimmt die Krebserkrankung einen lebensverkürzenden Verlauf, ist das für den Patienten und das persönliche Umfeld eine schwer zu bewältigende Entwicklung. Hatte der Patient einen engen Kontakt zu einem Tier, führt das fast immer dazu, dass er das Tier noch einmal sehen will. Soziale Organisationen bemühen sich, diesen Wunsch selbst dann zu erfüllen, wenn es sich um ein Pferd handelt. Verfügt das Pferd selbst über die psychisch belastbaren Voraussetzungen, besteht die Möglichkeit, das Tier zur Klinik oder zum Hospiz zu transportieren und den Patienten nach draußen zu bringen.
Die Voraussetzung ist natürlich, dass die Einrichtung die Entscheidung möglich machen will. Ist der Patient transportfähig, ist es eine Option, ihn in die Nähe des Stalls zu fahren. Auch hier stehen eine Reihe sozialer Dienste zur Verfügung, die solche Wünsche unterstützen. Solche Ausflüge werden möglichst auch für den Hund, die Katze oder ein anderes vertrautes Tier aus dem Umfeld möglich gemacht. Schwieriger sind Ausflüge in Tierparks oder auf Bauernhöfe. Hier kann das Risiko für den Patienten tatsächlich zu hoch sein.
Bei der Abwägung alle Faktoren berücksichtigen
Bei engem Vertrauensverhältnis zum Tier muss das Wohl des Patienten ganzheitlich betrachtet werden. Fotos und Filmaufnahmen können eine Erleichterung sein und den Aufenthalt in der Klinik erleichtern. Andere Betroffene hingegen ertragen den Anblick nicht. Mit der Erfahrung des medizinischen Personals und dem gebotenen Einfühlungsvermögen des eigenen Umfelds, lassen sich solche Herausforderung meistern.
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