Ein Blick auf die Vermittlungshunde der Tierheime zeigt: Eine Kastration der Tiere ist selbstverständlich. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um männliche oder weibliche Hunde handelt. Die Argumentation ist nachvollziehbar, denn so lässt sich die Vermehrung verhindern. Außerdem reagieren unkastrierte Hunde hormongesteuerter und das kann anstrengend werden. Aber was bedeutet die Kastration für den Hund und gibt es Alternativen?
Was bedeutet Kastration?
Bei der Kastration werden die Keimdrüsen entfernt. Das sind beim Rüden die Hoden und bei der Hündin die Eierstöcke. Meist wird die Gebärmutter wenigstens in Teilen mit entnommen. Es werden keine Sexualhormone mehr gebildet und die Tiere sind nicht mehr fortpflanzungsfähig.
Welche Voraussetzungen gibt es für eine Kastration?
Für die Kastration wird der Hund in eine Vollnarkose gelegt. Er muss also körperlich in der Verfassung sein, die Narkose gut zu überstehen. Hier kann es Ausnahmen geben, wie sie vor allem bei Hündinnen mit Gebärmutterentzündung vorliegen. Hunde sollten möglichst nicht vor der Geschlechtsreife kastriert werden, damit das Wachstum abgeschlossen ist. Der Eintritt der Geschlechtsreife ist rasseabhängig und tritt zwischen dem 5. und 10. Lebensmonat ein. Die Anzeichen sind bei der Hündin die eintretende Läufigkeit. Beim Rüden gibt es folgende Merkmale:
- Er beginnt zu markieren
- Der Geruch des Urins kann sich verändern
- Er reagiert auf läufige Hündinnen
Der Tierarzt wird den Hund gründlich untersuchen, Sie beraten und dann einen Termin vereinbaren. Bedenken Sie, dass der Hund nach der Operation mehr Pflege und Betreuung braucht. Der Eingriff ist bei Hündinnen schwerer, als bei Rüden, da die Bauchhöhle eröffnet wird.
Das Für und Wider der Kastration
Die Kastration ist ein schwerer Eingriff in den Hormonhaushalt des Hundes. Die Frage nach den Vor- und Nachteilen ist daher komplex. Der Hund verliert durch die Kastration seine Fortpflanzungsfähigkeit. Wer keinen Nachwuchs will, ist so auf der sicheren Seite. Ein weiterer häufig genannter Grund für die Kastration von Hündinnen ist dem Risiko der Gebärmutterentzündung vorzubeugen. Die Voraussetzung für das reduzierte Risiko ist aber, dass die Hündin spätestens vor der zweiten Läufigkeit kastriert wird (Frühkastration).
Gute Gründe für eine Kastration:
- Neigung zu Gebärmutterentzündung bei der Hündin
- Stark territoriales, hormongesteuertes Verhalten bei sehr jungen Rüden
- Übersteigerter Sexualtrieb bei Rüde und Hündin
- Hohe unkastrierte Hundepopulation im Lebensumfeld
- Mischhaltung von Rüde und Hündin
- Starkes Ausbruchverhalten bei läufigen Hündinnen
Schlechte Gründe für eine Kastration:
- Läufigkeit wird als störend empfunden
- Hund gehorcht nicht
- Verhaltensauffälliger Hund
- Rüde im Leistungssport
Die Kastration kann keine Erziehungsfehler ausmerzen. Ein intakter (unkastrierter) Rüde, der leinenaggressiv auf andere Rüden reagiert, wird durch eine Kastration nicht friedlicher. Ein Umfeld mit vielen unkastrierten Hündinnen kann für intakte Rüden aber zu einem bedenklichen Dauerstress führen. Das gilt umgekehrt auch für Hündinnen und ihre Besitzer, die während der Läufigkeit regelrecht belagert werden.
Die Gesetzeslage
Die Kastration ist im medizinischen und rechtlichen Sinn eine Amputation, die im Grunde ohne medizinische Notwendigkeit verboten ist. Grundlage ist das Tierschutzgesetz (§ 6 TierSchG). Eine Pflicht zur Kastration von Hunden gibt es nicht. Damit die Kastration rechtlich unbedenklich ist, muss ein „vernünftiger Grund“ vorliegen. Bequemlichkeit ist kein vernünftiger Grund. In der Praxis wird der Umgang mit der Kastration aber mit einer gewissen Großzügigkeit gehandhabt und als Maßnahme im Sinne des Tierschutzes gerechtfertigt.
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Ablauf der Kastration
Für die Kastration muss der Hund 12 Stunden nüchtern sein (außer in Notfällen). Sie geben den Hund beim Tierarzt ab. Dort wird er noch einmal gründlich untersucht. Dann wird er gewogen und die Narkose dosiert und eingeleitet. Anschließend wird der Operationsbereich rasiert und desinfiziert. Jetzt beginnt der eigentliche Eingriff.
Die Hündin wird kastriert:
- Bauchschnitt, beginnend hinter dem Nabel
- Hörner der Gebärmutter und der Eierstöcke werden vorgelagert
- Eierstöcke werden abgebunden
- Eierstöcke werden entfernt
- Gebärmutter wird ganz bzw. in Teilen entfernt oder rückverlagert
- Bauchdecke wird in mehreren Schichten verschlossen
Während der Operation werden Herztätigkeit und Atmung durch eine Fachkraft überwacht. Beim gesunden Hund ist das Risiko für Zwischenfälle gering, aber vorhanden. Für eine Kastration und weitere Behandlungen sind Kosten ab etwa 150 Euro für Rüden einzuplanen. Bei Hündinnen ist mit Kosten ab 250 Euro zu rechnen. Kosten von 400 Euro und mehr sind aber keine Seltenheit.
Der Rüde wird kastriert:
- Tierarzt schiebt einen Hoden vor den Hodensack
- Haut wird eröffnet und Hoden mit Samenstrang freigelegt und vorgelagert
- Samenstrang wird abgebunden
- Hoden wird entfernt
- Gleiche Vorgehensweise beim zweiten Hoden
- Wundverschluss
Es gibt verschiedene Operationstechniken, die ihre Berechtigung haben. Ihr Tierarzt wird die Entscheidung unter Abwägung der Rahmenbedingungen treffen.
Die Nachsorge
Wenn Sie den Hund in die Praxis bringen, erfahren Sie, wann Sie den Hund abholen können. Sehen Sie von Anrufen zwischendurch ab, auch wenn Sie sich Sorgen machen. Keine Nachrichten sind gute Nachrichten. Sollte es zu einem Zwischenfall kommen, wird man Sie umgehend informieren. Bereiten Sie die Umgebung zuhause auf die Rückkehr des Hundes vor:
- Der Hund braucht Ruhe
- Schlafplatz, auf dem der Hund sich vollständig ausstrecken kann
- Wasser und Futter entfernen, bis der Hund vollständig wach ist
- Platz schaffen, damit der Hund mit dem Kragen nichts umstößt
Ihr Hund wird wahrscheinlich benommen sein. Lassen Sie ihn nicht aus dem Auto springen und halten Sie ihn an der Leine, wenn Sie ihn nicht tragen. Auch der gehorsamste Hund kann unter der Narkosewirkung auf die Straße taumeln. Lassen Sie Ihren Hund kurz in den Garten oder auf eine Rasenfläche, damit er sich erleichtern kann. Lassen Sie ihn dann in Ruhe schlafen.
Alternativen zur Kastration
Die Sterilisation als Alternative zur Kastration wird bei Hunden kaum durchgeführt, dabei ist sie technisch für einen Tierarzt keine besondere Herausforderung, kann aber teurer sein. Bei einer Sterilisation werden beim Rüden die Samenleiter, bei der Hündin die Eileiter durchtrennt. Die Hormonproduktion bleibt erhalten. Das bedeutet, dass der Sexualtrieb ungemindert ist, wie auch die gesamtkörperliche Reaktion auf die Hormone. Die Tiere sind aber nicht mehr zeugungsfähig. Eine Kastration ist auch chemisch möglich. Dazu wird beim Rüden ein Implantat unter die Haut gesetzt, das die Testosteronproduktion unterdrückt. Es wirkt über eine begrenzte Zeit und ist sinnvoll, um herauszufinden, wie sich der Hund nach einer Kastration verhalten würde. Sie ist auch eine Alternative, wenn der Rüde aus gesundheitlichen Gründen nicht narkosefähig ist. Auch für Hündinnen gibt es eine solche Möglichkeit durch Hormonspritzen. Allerdings wirkt die Methode nicht sicher und kann mit starken Nebenwirkungen einhergehen.
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