Was haben Albert Einstein, Barack Obama und Jimi Hendrix gemein? Sie alle nutzten bevorzugt die linke Hand. Sei es nun beim Schreiben oder beim Gitarrenspiel. Doch was unterscheidet Linkshänder von Rechtshändern? Alle Details dazu erfahren Sie im Beitrag.
Ursachen von Linkshändigkeit
Das Wichtigste vorweg: Wie Linkshändigkeit entsteht, ist noch nicht eindeutig geklärt. Die gängige Meinung ist, dass die Gehirnhälften dafür verantwortlich sind, welche Hand später die dominante sein wird. 2011 ging das Ärzteblatt davon aus, dass Linkshändigkeit vererbt wird. Linkshändige Menschen haben oft linkshändige Eltern, vorrangig linkshändige Mütter. Studien an Zwillingen hätten zudem ergeben, dass eineiige Zwillinge eher dieselbe Händigkeit aufweisen (81,2 Prozent) als zweieiige (73,3 Prozent). Dies spräche für eine genetische Ursache. Fest steht hingegen, dass eine bevorzugte Händigkeit bereits bei Babys im Mutterleib zu beobachten ist. Sie ist demnach schon früh festgelegt und wird darum nicht „angelernt“. Eine Studie der Ruhr-Universität Bochum aus dem Jahr 2017 untersuchte dagegen Babys im Stadium der Schwangerschaft, bevor die motorische Großhirnrinde überhaupt schon mit der Wirbelsäule verbunden war. Daraus, dass die Babys dennoch asymmetrische Bewegungen zeigten, schlossen die Wissenschaftler, dass Asymmetrien in der Genaktivität des Rückenmarks für Linkshändigkeit verantwortlich sein könnten.
Zahlen zur Linkshändigkeit
Archäologische Waffen- und Werkzeugfunde weisen darauf hin, dass es bereits vor über einer Million Jahre Linkshänder gab. Das lesen Wissenschaftler daraus ab, wie die Waffen hergestellt wurden. Aber auch Höhlenmalereien weisen darauf hin. Aktuell sind 10,6 Prozent aller Menschen weltweit Linkshänder (Stand 2020). Zu dem Ergebnis kam die weltgrößte Studie zu dem Thema, durchgeführt von den Universitäten St. Andrews, Athen, Oxford, Bristol und Bochum. Andere Studien assoziieren Linkshändigkeit mit hohen IQ-Werten jenseits der 131 und außergewöhnlichen mathematischen Fähigkeiten.
Kinder als Linkshänder
Das Kind als Linkshänder zu erkennen, kann knifflig sein. Vor allem, weil „pure“ Links- oder Rechtshänder sehr selten sind. Überwiegend kommt es vor, dass sie die linke Hand „bevorzugen“. Dennoch ist es ihnen möglich, bestimmte Tätigkeiten mit rechts auszuführen. Um Ihrem Kind eine freie Entwicklung zu ermöglichen, verhindern Sie möglichst eine Beeinflussung durch Lehrer oder Verwandte. Weitere Tipps dazu:
- Geben Sie Ihrem Kind Gegenstände oder Spielzeug nicht in eine bestimmte Hand, sondern legen Sie es ab oder reichen es in der Mitte an.
- Vermeiden Sie es, die rechte Hand als „gut, schön oder richtig“ zu bewerten.
- Achten Sie darauf, Spielzeug und Gebrauchsartikel möglichst so zu besorgen, dass sie beidhändig nutzbar sind.
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Umerziehung von Linkshändern
„Nimm doch die gute Hand“ – ein Satz, der vielen Linkshändern von früher bekannt ist. Zwar ist die Umerziehung zum Rechtshänder in der heutigen Zeit bei Weitem nicht mehr so verbreitet wie damals, kommt Wissenschaftlern zufolge jedoch immer noch vor. Das läge zum Beispiel daran, dass die Welt für Rechtshänder „gebaut“ ist. Viele technische Geräte, etwa Kameras oder Computerbildschirme, haben ihre Schalter traditionell auf der rechten Seite. Eine solche Umerziehung kann jedoch zu langfristigen Problemen wie Stottern, Konzentrations- und Lernschwierigkeiten, Blackouts und Depressionen führen. Laut der Psychologin Johanna Barbara Sattler, Leiterin der ersten deutschen Beratungsstelle für Linkshänder, handele es sich bei der Umschulung um einen „schwersten unblutigen Eingriff ins Gehirn“. Sollten Eltern unsicher mit der Händigkeit ihres Kindes sein, kann ein Besuch bei einer entsprechenden Beratungsstelle helfen.
Schwierigkeiten im Alltag
Die vielen kleinen und großen Probleme, denen Linkshänder im Alltag ausgesetzt sind, erschöpfen sich nicht in der Nutzung von Technik. Sie haben in vielen Situationen Nachteile gegenüber Rechtshändern. Zum Beispiel:
- Der Gang zur Toilette: In öffentlichen WCs, etwa in Restaurants oder Kaufhäusern, ist die Klopapierrolle stets rechts angebracht.
- Geschirrspülbecken: Die Ablage für Geschirr ist ebenfalls meist rechts, weswegen Linkshänder nach dem Abwaschen „über Kreuz“ greifen müssen, um das nasse Geschirr abzustellen
- Geld abheben: Das Bedienfeld für die Eingabe der PIN befindet sich ebenfalls rechts. Linkshänder müssen hier umdenken oder sich zur Seite beugen, um das Feld zu bedienen. Dasselbe Problem wartet in Telefonzellen, wobei dieses aufgrund der hohen Verbreitung von Smartphones heutzutage obsolet wird. Stichwort Smartphone: Wo sitzt wohl der Power-Button?
- Die Sitzordnung: Linkshänder dürfen nicht rechts von Rechtshändern sitzen, da sich die Ellbogen sonst in die Quere kommen. Das gilt sowohl für den Tisch im Restaurant als auch für die Schule.
- Das Problem mit dem Schreiben: Hier gibt es für Linkshänder mehrere Schwierigkeiten. Viele Ringbücher und Ordner haben die Spiralbindung links, dementsprechend können sich Linkshänder auf Abdrücke auf Unterarm oder Hand einstellen. Außerdem „schieben“ sie den Stift über das Papier, anstatt zu ziehen, und verwischen damit ihre Handschrift. An der Handkante tauchen dann Tinten- oder Bleistiftflecken auf.
- Autofahren: Radio, Klimaanlage, Schaltknüppel. Alles befindet sich rechts. Das verlangt von Linkshändern generell mehr Konzentration.
Linkshänder im Sport
In manchen Berufsfeldern findet man heutzutage häufiger Linkshänder. Zum Beispiel sind sie bei den erfolgreichen Musikern und Leistungssportlern im Vergleich zur restlichen Bevölkerung deutlich überrepräsentiert. Bei den Musikern vermuten Wissenschaftler eine besondere Fähigkeit zur Beidhändigkeit sowie einen Zusammenhang zwischen vermehrter rechtshemisphärischer Beteiligung an sprachlichen Prozessen und erhöhter Kreativität.
Bei den Leistungssportlern wiederum, genauer bei Eins-zu-Eins-Kontaktsportarten, vermuten Forscher einen Vorteil der Linkshänder durch Überraschungseffekte. Zum Beispiel können sie Gegner damit kalt erwischen, wenn plötzlich ein Ball oder Schlag von links anstatt von rechts kommt. Das gilt zum Beispiel für Tennis, Boxen oder Judo.
Tipps für den Alltag
Mittlerweile gibt es viele Geräte und Werkzeuge, die speziell für Linkshänder konzipiert sind. Solche extra entworfenen Schreibutensilien wie Füller und Ringbücher gibt es sowohl im normalen Handel als auch in speziellen Linkshändershops. Weiterhin sollten Sie sich als Linkshänder nicht zu einer „Umschulung“ überreden lassen. Verschaffen Sie sich einen Überblick über das Thema Linkshänder. Benötigen Sie Hilfe, ziehen Sie Internetportale oder Beratungsstellen in Betracht.
Titelbild: © Olga Nikiforova/ iStock.com