Für viele Eltern sind Geburt und Heranwachsen der eigenen Kinder eine der schönsten Zeiten im Leben. Aber auch eine der kostspieligsten. Nachwuchs bedeutet oft, dass der reguläre Job pausiert werden muss. Das kann Auswirkungen auf die Rentenhöhe im Alter haben. Der Staat leistet hier Abhilfe, indem Erziehungszeiten auf die Rentenhöhe angerechnet werden. Jedoch war diese Regelung lange Zeit nur jüngeren Geburtsjahrgängen vorbehalten. Seit 2014 greift jedoch die sogenannte Mütterrente, um auch Eltern von Kindern aus älteren Jahrgängen zusätzlich zu unterstützen. Sie wurde im Jahr 2019 zudem noch einmal erweitert.
Was genau die Mütterrente ist, wer sie beanspruchen kann und wie hoch die Anrechnung ausfällt, erfahren Sie in unserem Artikel.
Definition Mütterrente: Was sind Kindererziehungszeiten?
Der Begriff Mütterrente beschreibt die gesetzlich geregelte, ausgeweitete Anerkennung von Erziehungszeiten für Kinder, die vor 1992 geboren wurden. Kindererziehungszeiten sind Pflichtbeitragszeiten, für die Beiträge vom Bund an die Rentenversicherung gezahlt werden.
Zwar bekommen Eltern auf ihre Rentenbezüge grundsätzlich sogenannte Kindererziehungszeiten angerechnet – aber: Bis zur Einführung der neu geregelten Mütterrente am 01. Juli 2014 wurde Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, nur ein Erziehungsjahr pro Kind für die Rente angerechnet. Für Kinder, die nach 1992 geboren wurden, gab es hingegen bereits drei Erziehungsjahre als Anrechnung.
Mit der Mütterrente wird seit ihrer Einführung 2014 und ihrer Ausweitung im Jahr 2019 die Ungleichheit angepasst: Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, bekommen nun zusätzliche Erziehungsjahre auf ihre Rente angerechnet. So soll nach und nach gewährleistet werden, dass auch Eltern von bereits älteren Kindern rückwirkend einen Ausgleich für die Zeit, in der sie ihren Beruf aufgrund der Erziehung des Nachwuchses nicht ausüben konnten, erhalten. Ziel ist, dass die Unterschiede zu denjenigen Eltern, die während der Erziehung weiterhin gearbeitet haben, minimiert werden.
Kinderberücksichtigungszeiten
Neben den Kindererziehungszeiten gibt es auch die sogenannten Kinderberücksichtigungszeiten. Sie werden bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres eines Kindes angerechnet und verhindern, dass Lücken im Versicherungsverlauf der jeweils Berechtigten entstehen. Im Gegensatz zu den Kindererziehungszeiten führen die Kinderberücksichtigungszeiten nicht zu einer unmittelbaren Erhöhung des Rentenanspruchs. Sie können sich aber trotzdem positiv auswirken, beispielsweise um die Anwartschaft aus einer geringfügigen Beschäftigung um bis zu 50 Prozent zu erhöhen.
Wer hat Anspruch auf Mütterrente?
Grundsätzlich gilt: Jeder Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung hat Anspruch auf die Mütterrente. Einzig die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren, für die jeweils Rentenpunkte angesammelt werden, muss erfüllt sein. Diese wird auch als Wartezeit bezeichnet. Die Zeiten der Kindererziehung werden dann in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet, wenn sie ihr Kind in Deutschland erziehen und mit ihm dort wohnhaft sind. Dabei ist es irrelevant für den Bund, ob Elternteile ihre Kinder in Vollzeit betreut haben oder nebenbei berufstätig waren.
Auch Mütter, die zu keinem Zeitpunkt in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben – beispielsweise aufgrund von Selbstständigkeit im Arbeitsleben – können sogenannte Kindererziehungszeiten und Rentenpunkte in Anspruch nehmen.
Sobald die vorausgesetzten fünf Rentenpunkte – beispielsweise durch Erziehungszeiten mehrerer Kinder – erreicht sind, greift die Mütterrente. Auch mit freiwilligen Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung können diese fünf Rentenpunkte erreicht werden. Die Mütterrente kann zudem auch von Vätern in Anspruch genommen werden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Allerdings werden die Erziehungszeiten zunächst automatisch der Mutter zugeordnet. Falls die Kinder gemeinsam erzogen wurden und entsprechende Zeiten der Kindererziehung dem Vater zugeordnet werden sollen, muss das Elternpaar eine gemeinsame Erklärung bei der Rentenversicherung einreichen. Die Erklärung kann für maximal zwei Monate rückwirkend abgegeben werden.
Das Thema der Altersvorsorge für Frauen stellt dennoch häufig ein kompliziertes Thema dar. Welche Ungerechtigkeiten liegen in der Gesellschaft dabei immer noch vor?
Welche Ausnahmen gibt es?
Verschiedene Faktoren können dafür sorgen, dass der Anspruch auf Mütterrente nicht zustande kommt. Dies kann in einigen Situationen der Fall sein:
- Auch mit Erziehungszeiten wird nicht in allen Fällen die allgemeine Wartezeit bzw. Mindestversicherungszeit von fünf Versicherungsjahren erreicht
- Während der Erziehung des Kindes wurde bereits eine Altersvollrente, eine Beamtenpension oder eine berufsständische Altersversorgung bezogen.
- Das Kind wurde im Ausland erzogen.
Auch für Berufstätige kann es passieren, dass der Anspruch auf Mütterrente nicht zustande kommt. Ist das Gesamteinkommen der Eltern zu hoch, wird der Rentenanspruch aus der Kindererziehungszeit gekürzt. Dieser Beschluss wurde im September 2020 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt und legitimiert. Basieren tut diese Praxis auf der Beitragsbemessungsgrenze – sie schränkt die Höhe der Beiträge, die Versicherte leisten müssen, ein, aber gleichermaßen auch den jeweiligen Anspruch auf Rentenzahlungen.
Diese Beitragsbemessungsgrenze wird jährlich neu festgelegt und ist in den alten und neuen Bundesländern unterschiedlich. Sie liegt aktuell für das Jahr 2023 bei:
- 85.200 Euro Brutto-Jahresverdienst in den neuen Bundesländern
- 87.600 Euro Brutto-Jahresverdienst in den alten Bundesländern
Sollte dieser Fall eintreten, kann es sich lohnen, die Kindererziehungszeiten auf den Partner zu übertragen und somit die volle Anrechnung zu erhalten.
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Höhe der Mütterrente
Obwohl die Benennung anderes vermuten lässt, ist die Mütterrente kein konkreter Geldbetrag der ausgezahlt wird, sondern äußert sich für Eltern in einem jeweiligen zusätzlichen Rentenpunkt. Diese Rentenpunkte werden auch als Entgeltpunkte bezeichnet und werden jährlich auf Basis des versicherungspflichtigen Arbeitslohns umgerechnet. Grundlage dafür ist jeweils der bundesweite Durchschnittsverdienst.
Versicherte in der Rentenversicherung erhalten diese Entgeltpunkte sowohl für versicherungspflichtige Beschäftigungen, aber auch für die nicht erwerbsmäßige Pflege von Angehörigen oder eben auch die Kindererziehungszeiten.
Bei Eintritt in die Rente werden diese Entgeltpunkte dann in einen konkreten Betrag umgerechnet. Die Höhe der Rentenpunkte wird jedes Jahr neu definiert und kann immer aktuell im Rentenkonto eingesehen werden.
In 2023 ist das Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung, auf dessen Basis der Wert von Entgeltpunkten bestimmt wird, bei derzeit 43.142 Euro festgelegt.
Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, können Eltern für Kindererziehungszeiten seit der Anpassung der Mütterrente am 01. Januar 2019 insgesamt 2,5 Rentenpunkte zusätzlich je Kind erhalten – jeweils einen pro Jahr über einen Zeitraum von maximal zweieinhalb Jahren. Die Mütterrente greift nicht für Eltern, deren Kinder nach dem 01. Januar 1992 geboren wurden. Sie bekommen bereits bis zu drei Rentenpunkte – jeweils einen pro Jahr über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg – zusätzlich für die Erziehungszeiten ihrer Kinder.
Beantragung und Bezug der Mütterrente
Frauen müssen keinen separaten Antrag für die Mütterrente selbst stellen. Es gibt allerdings einige Abläufe zu beachten, um auch die korrekte Anzahl an Entgeltpunkten zu erhalten. Gemeinsam mit dem Versand des sogenannten Versicherungsbriefs der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten Eltern ein Schreiben, in dem Kindererziehungszeiten bei der Rentenversicherung angegeben werden können. Solange die Kindererziehungszeiten anschließend im Rentenkonto korrekt erfasst sind, müssen keine weiteren Aktionen vollzogen werden. Es lohnt sich, einen regelmäßigen Blick auf Rente und entsprechende Beitragszeiten zu haben, um bei Bedarf noch einmal Kontakt aufzunehmen und Ungenauigkeiten zu korrigieren. Seit dem 01. Januar 2019 wird die Mütterrente bereits ab der ersten Rentenzahlung mit einberechnet. Wer seitdem neu in Rente geht, erhält also direkt den Aufschlag.
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