Eine pflegebedürftige Frau und eine Pflegerin

Pflegegrade – Geldleistungen und Sachleistungen im Überblick

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Tritt in der Familie ein akuter Pflegefall auf, wird der persönliche Alltag schnell zu einer Belastung. Viele Faktoren können dafür sorgen, dass die Liebsten Betreuung in alltäglichen Dingen benötigen. Für viele Betroffene sind diese Phasen besonders psychisch sehr anstrengend. Allerdings ist auch die finanzielle Belastung erheblich. Häufig müssen teure Maßnahmen erfolgen, die vorher nicht planbar waren.

Nicht jeder hat dafür den nötigen Spielraum, es droht ein finanzieller Engpass. Um das zu vermeiden, kann die Einstufung in einen Pflegegrad beantragt werden. So können sowohl Geld- als auch Sachleistungen von der Pflegekasse in Anspruch genommen werden. Es gibt jedoch einige Aspekte und Unterschiede, die beachtet werden müssen.

Pflegegrade Definition und Einstufung

Per Definition des Bundesministeriums für Gesundheit entscheidet der Pflegegrad, welche Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch genommen werden können. Insgesamt werden diese Leistungen im Moment von rund 5 Millionen Personen genutzt. Die ambulante Pflege erreicht 4,1 Millionen Empfänger, während 0,9 Millionen Menschen in höheren Pflegegraden stationär gepflegt werden.

Die Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt unabhängig vom Alter. Personen gelten dann als pflegebedürftig, wenn sie gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen, und deshalb der Hilfe von Anderen bedürfen

Um in einen Pflegegrad eingestuft werden zu können, muss die Pflegebedürftigkeit mindestens für sechs Monate bestehen. Ist dies der Fall, wird die Einstufung bei der Pflegekasse beantragt. Im Falle einer Privatversicherung ist das jeweilige private Versicherungsunternehmen der richtige Ansprechpartner. Üblicherweise erfolgt die Bearbeitung innerhalb von 25 Tagen.

Feststellung von Pflegebedürftigkeit und Pflegegrad

Um den Pflegegrad im Individualfall zu ermitteln, beauftragt die Pflegekasse ein transparentes Gutachten. Dieses wird üblicherweise vom Medizinischen Dienst, unabhängigen Gutachtern oder auch vom Sozialmedizinischen Dienst (bei knappschaftlich Versicherten) erstellt. Dieses transparente Gutachten klärt über den entsprechenden Pflegegrad auf. Bei privat Versicherten wird das Gutachten durch den medizinischen Dienst von Medicproof erstellt. In allen Fällen gibt es auch einen Begutachtungstermin vor Ort, der vorab mit den Angehörigen abgestimmt wird.

Um den Pflegegrad korrekt einschätzen zu können, kommt das sogenannte Begutachtungsinstrument zum Einsatz. Dieses orientiert sich an Fragen im Hinblick auf den Alltag der pflegebedürftigen Person. Was kann die Person im Alltag noch selbst leisten? Welche Fähigkeiten sind noch vorhanden? Wie hoch ist der Grad der Selbstständigkeit und wobei wird Hilfe benötigt? Anhaltspunkt ist bei der Beantwortung ein sogenannter Pflegebedürftigkeitsbegriff, der sich auf Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit konzentriert. Zur Einstufung werden insgesamt sechs Lebensbereiche untersucht:

  • Mobilität
  • Geistige und kommunikative Fähigkeiten
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  • Selbstversorgung
  • Selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen – sowie deren Bewältigung
  • Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Für jeden Lebensbereich wird der jeweilige Grad an Selbstständigkeit ermittelt und in einem Punktesystem von null bis drei aufgeteilt. Bei null Punkten bestehen keine oder nur wenige Beeinträchtigung. Bei einer Wertung von drei Punkten kann die Person die Aktivität nicht allein durchführen. Die Punkte fließen dann mit unterschiedlicher Gewichtung in einem Gesamtwert zusammen. Dieser bestimmt dann über die Einteilung in einen der fünf Pflegegrade.

  • 12,5 bis unter 27 Punkte: Pflegegrad 1
  • Ab 27 bis unter 47,5: Pflegegrad 2
  • Ab 47,5 bis unter 70: Pflegegrad 3
  • Ab 70 bis unter 90: Pflegegrad 4
  • Ab 90 bis 100: Pflegegrad 5

Die Pflegegrade sind klar abgestuft und steigen mit dem Schweregrad der Beeinträchtigungen. Im Pflegegrad 1 bestehen nur geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit. Pflegegrad 5 definiert schwere Beeinträchtigungen, die mit besonderen Pflegeanforderungen einhergehen. Solch besondere Anforderungen können eine Einstufung in Pflegegrad 5 auch ermöglichen, wenn die Punktezahl selbst nicht dafür ausreicht. Die Einstufung wird den Versicherten im automatisch übermittelten Leistungsbescheid der Pflegekasse dargestellt.  

Illustration: einzelne Schritte zum Pflegegrad

Pflegegrade Geld- und Sachleistungen

Einen Anspruch auf Pflegegeld hat jede Person, die mindestens ein halbes Jahr lang in erheblichem oder höherem Maße auf die Hilfe anderer angewiesen ist. In diesem Fall greift die Pflegeversicherung unter die Arme und überweist monatlich einen Betrag, der sich nach der Pflegestufe der Person richtet. Die Art der Verwendung des Geldes spielt dabei für die Pflegeversicherung keine Rolle. Oft wird das Geld als Dankeschön für Angehörige oder auch Helfer aus dem Freundeskreis verwendet.


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Pflegegeld Voraussetzungen und Höhe

Die Auszahlung des Pflegegeldes ist an einige Voraussetzungen geknüpft. Es greift erst ab Pflegegrad 2. Zudem muss die von Angehörigen geleistete Hilfe zuhause jederzeit sichergestellt werden. Um dies zu garantieren, erhalten Pflegebedürftige und deren Angehörige regelmäßige Beratungsbesuche. Diese sind verpflichtend, um Pflegegeld in Anspruch zu nehmen. Sie werden daher auch als „Pflegepflichteinsatz“ bezeichnet. Neben der Beratung dienen diese Gespräche auch zur Qualitätssicherung der häuslichen Pflege. In den Pflegegraden 2 und 3 finden die Besuche halbjährlich statt, in den Pflegegraden 4 und 5 vierteljährlich. Die Kosten werden von der Pflegekasse übernommen.

Sind alle Voraussetzungen erfüllt, steht der Auszahlung des Pflegegeldes nichts mehr im Weg. Die Höhe des monatlichen Beitrags gestaltet sich wie folgt für den jeweiligen Pflegegrad:

  • Pflegegrad 1: kein festes Pflegegeld
  • Pflegegrad 2: 316 Euro pro Monat
  • Pflegegrad 3: 545 Euro pro Monat
  • Pflegegrad 4: 728 Euro pro Monat
  • Pflegegrad 5: 901 Euro pro Monat

Pflegegeld wird als Sozialleistung definiert und ist damit steuerfrei. Es muss in der Steuererklärung nicht ausgewiesen werden. Personen, die dem Pflegegrad 1 zugeordnet werden, erhalten als Kompensation für ihren Aufwand eine zweckgebundene Kostenerstattung für Hilfsleistungen in Höhe von 125 Euro.

Pflegesachleistungen für Angehörige

Neben der finanziellen Unterstützung durch das Pflegegeld erhalten Angehörige auch die Möglichkeit, einige Pflegesachleistungen in Anspruch zu nehmen. Wird ein ambulanter Pflegedienst benötigt, beispielsweise morgens beim Aufstehen, können die anfallenden Kosten übernommen werden. Im Gegenzug wird dann das monatliche Pflegegeld um den Prozentsatz gekürzt, zu dem die entsprechenden Sachleistungen in Anspruch genommen werden. Für jeden Pflegegrad stehen außerdem bis zu 4.000 Euro für wohnraumverbessernde Maßnahmen zur Verfügung, beispielsweise für einen Treppenlift. Die Kosten werden direkt zwischen der Krankenkasse und dem Umbauträger verrechnet.

Daneben gibt es auch eine Reihe von Leistungen zur Entlastung von pflegenden Angehörigen. Im Rahmen der Verhinderungspflege können Angehörige jährlich für bis zu sechs Wochen eine finanzielle Unterstützung bei Abwesenheiten in Anspruch nehmen. Beispielsweise für einen Familienurlaub oder Dienstreisen. Die Höhe des Zuschusses liegt bei maximal 1.612 Euro. Grundsätzlich hat jeder Mensch in den Pflegegraden 2 bis 5 einen Anspruch auf die jährliche Verhinderungspflege, es gibt jedoch zwei Voraussetzungen. Zunächst muss die pflegebedürftige Person bereits mindestens sechs Monate zuhause gepflegt worden sein. Außerdem muss mindestens eine ehrenamtliche Person regelmäßig Pflege leisten. Wird im Alltag ausschließlich auf einen Pflegedienst zurückgegriffen, verfällt der Anspruch auf Verhinderungspflege.

Um Angehörige auch im Arbeitsalltag neben der häuslichen Pflege zu unterstützen, greifen verschiedene Rahmenbedingungen während der Familienpflegezeit. Arbeitnehmer können sich von ihrem Job freistellen lassen, ohne diesen ganz aufgeben zu müssen. Bis zu zehn Arbeitstage werden durch das Pflegeunterstützungsgeld kompensiert, falls ein akuter Pflegefall innerhalb der Familie auftritt. Das Pflegeunterstützungsgeld ist dabei die entsprechende Lohnersatzleistung. Der Antrag auf Freistellung muss jedoch vom Arbeitgeber bewilligt werden.

Für längere Abwesenheiten greift das Pflegezeitgesetz, das einen vollständigen oder teilweisen Ausstieg aus dem Beruf für bis zu sechs Monate ermöglicht. Für die Begleitung von Angehörigen in der letzten Lebensphase kann zudem eine Befreiung mit einer Länge von bis zu drei Monaten beantragt werden. Der Antrag auf diese Pflegezeit muss in beiden Fällen jedoch mindestens zehn Tage vor dem geplanten Start beim jeweiligen Arbeitgeber eingehen. Die gesetzliche Gewährleistungspflicht der Pflegezeit gilt zudem nicht für Arbeitgeber mit 15 oder weniger Mitarbeitern.

Private Pflegeversicherung: Leistungen und Modelle

Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt viele, aber nicht alle entstehenden Kosten im Pflegefall ab. Es kann daher zusätzlich im Rahmen einer Pflegezusatzversicherung auch privat vorgesorgt werden. Hier gibt es drei Modelle. 

Pflegetagegeld-Versicherung

Bei einer Pflegetagegeld-Versicherung wird im Falle der Pflegebedürftigkeit eine vorher vereinbarte Summe monatlich ausgezahlt, die frei verwendet werden kann. Bei dieser Absicherungsform ist der Einstieg (besonders in jungen Jahren) sehr günstig. Da ein Pflegetagegeld jedoch auf Basis einer Krankenversicherung berechnet wird, kann es über die Laufzeit zu Beitragserhöhungen kommen. Damit ist das Pflegetagegeld besonders für junge Menschen geeignet, die sich gegen Pflegebedürftigkeit absichern wollen.

Pflegekosten-Versicherung

Eine Alternative zu diesem Modell ist die Pflegekosten-Versicherung. Diese basiert auf einer eher klassischen Funktionsweise. Anfallende Pflegekosten müssen eingereicht und nachgewiesen werden, um im Anschluss die Erstattung zu erhalten. Besonders bei diesem Modell ist es wichtig, genau auf die einzelnen Tarife zu schauen. Teilweise werden nicht alle Kosten übernommen, was für finanzielle Fallstricke und Engpässe sorgen kann. Daher ist diese Absicherungsart nicht so beliebt und wird selten empfohlen.

Pflegerenten-Versicherung

Die Pflegerenten-Versicherung erfreut sich steigender Beliebtheit. Eine Pflegerente ist nach Art einer Lebensversicherung berechnet. Bei diesem Modell sind die Beiträge im Vergleich zum Pflegetagegeld etwas höher, jedoch über die gesamte Laufzeit stabil. Das bedeutet, dass Sie hier immer den gleichen Beitrag zahlen, ohne dass dieser sich erhöht. Ein Vorteil, gegenüber dem Pflegetagegeld.

Gerade in dem Alter, in dem das Risiko steigt, kann ein Pflegetagegeld durch Beitragsanpassungen sehr teuer werden. Sobald eine Pflegebedürftigkeit festgestellt wird, greift die Auszahlung der monatlichen Rente – die Höhe kann frei für jeden Pflegegrad gewählt werden. Die zum Start höheren laufenden Kosten sind für viele allerdings oftmals ein hemmender Faktor.

Titelbild: © KatarzynaBialasiewicz/ iStock.com

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