Ein Schlaganfall kann jeden treffen. Und das überall. Diese Erfahrung hat nun auch eine 17-Jährige aus Erfurt gemacht. Die Jugendliche war mit ihrem Vater auf der Autobahn 71 bei Erfurt unterwegs, als dieser plötzlich bewusstlos wurde. Das Mädchen reagierte sofort, übernahm das Steuer und lies den Wagen auf dem Standstreifen ausrollen. Der Notarzt wurde verständigt. Diagnose: Schlaganfall. Nicht zuletzt durch das schnelle und verantwortungsbewusste Handeln der 17-jährigen Tochter geht es dem Mann heute bereits besser.
Doch tritt ein Schlaganfall immer so plötzlich ein wie in diesem Fall, oder gibt es erste Anzeichen, bei denen Sie reagieren sollten? Wir erklären, wie ein Schlaganfall abläuft, welche verschiedenen Formen eines Schlaganfalls es gibt und auf welche Symptome Sie achten sollten.
Wie entsteht ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall – auch Insult oder Apoplex genannt – entsteht aufgrund einer Einschränkung der Hirnaktivitäten durch fehlende oder falsche Durchblutung. Das heißt: Bei einem Schlaganfall fließt entweder zu viel oder zu wenig Blut durch das Gehirn. Entsprechend unterscheiden Mediziner zwei Ursachen für einen Schlaganfall:
Mangeldurchblutung („Ischämischer Insult“)
Nach Angaben der Klinik für Neurologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin entstehen 80 Prozent der Schlaganfälle durch eine Mangeldurchblutung des Hirns. In diesem Fall fließt also zu wenig Blut durch das Hirn. Die Folge: Das Gehirn – oder bestimmte Teile davon – funktionieren nicht mehr richtig. Lähmungserscheinungen, Sprachstörungen oder Atemprobleme treten auf. Eine Mangeldurchblutung kann dabei auf zwei Arten entstehen:
Embolus
Im Körper hat sich ein Blutklümpchen gebildet, das mit dem Blutkreislauf vom Herzen über die Hauptschlagader ins Gehirn transportiert wird. Dort verschließt das Klümpchen ein Gefäß. Die Durchblutung des Gehirns setzt aus, ein Schlaganfall entsteht.
Thrombus
Auch hier ist für die Mangeldurchblutung des Gehirns ein Blutklümpchen verantwortlich. Allerdings entsteht dieses bei dieser Variante bereits im Gehirn. Und zwar durch Kalkablagerungen an den Gefäßwänden (Atherosklerose). Über einen längeren Zeitraum führen die Kalkablagerungen zur Verengung des Blutgefäßes bis es letztlich vollständig verschlossen wird.
In beiden Fällen verschließen die Blutklumpen die Sauerstoff- und Blutzufuhr. Die betroffene Hirnregion ist ohne oder nur eingeschränkt mit Blut versorgt, was zum Absterben der Gehirnzellen führt.
Hirnblutung („Hämorrhagischer Insult“)
Diese Form des Schlaganfalls tritt vergleichsweise eher selten auf. Eine Hirnblutung – also zu viel Blut im Gehirn – ist lediglich bei 20 Prozent der Fälle als Ursache für einen Schlaganfall festzustellen.
Die Ursache für eine solche Hirnblutung liegt meist in geplatzten oder gerissenen Blutgefäßen. Geht im Hirn ein solches Gefäß kaputt, kommt es zur Einblutung im umliegenden Hirngewebe. Diese Blutung drückt massiv auf hoch empfindliche Nerven- und Gehirnzellen, die gegebenenfalls absterben.
Unabhängig von der Ursache des Schlaganfalls ist die Folge immer dieselbe: Das Absterben wichtiger Nerven- und Gehirnzellen. Denn die Zellen des Körpers benötigen ständig Sauerstoff. Dieser wird über das Blut an die Zellen abgegeben. Wird die Blutzufuhr gestoppt oder verhindert die Blutung eine geregelte Sauerstoffaufnahme – wie bei einem Schlaganfall – sterben die Zellen aufgrund des Sauerstoff- und Nährstoffmangels ab. Je mehr Gehirnzellen absterben, desto größer die Folgen für den Patienten. Deshalb zählt beim Schlaganfall jede Sekunde.
Wer einen Schlaganfall übersteht, wird in einem einzigen Augenblick in ein neues Leben geworfen: Sprachstörungen, Lähmungserscheinungen und eine eingeschränkte Mobilität erschweren die Rückkehr in das alte Leben: Leben nach dem Schlaganfall – was ändert sich?
Welche ersten Anzeichen für einen Schlaganfall gibt es?
Die oft ernüchternde Antwort darauf: Nicht in allen Fällen lässt sich ein Schlaganfall vorhersehen. Denn nicht jeder Schlaganfall verursacht die gleichen Symptome. Manche Fälle treten sogar so plötzlich ein, dass überhaupt keine Anzeichen zuvor erkennbar waren und enden – wie in dem Fall aus Erfurt – in Bewusstlosigkeit.
Abhängig sind die Symptome für einen Schlaganfall von der betroffenen Stelle des Gehirns. Je nachdem, in welchem Hirnareal (Groß- oder Kleinhirn / rechte oder linke Gehirnhälfte) die Schädigung der Zellen stattgefunden hat und wie groß die betroffene Region ist, sind unterschiedliche Symptome zu erwarten. Ist beispielsweise das Kleinhirn betroffen, hat das Auswirkungen auf die motorischen Fähigkeiten des Betroffenen. Beim Großhirn wären vor allem Sprach-, Seh- und Verständigungsschwierigkeiten die Folge. Eine fehlende Durchblutung der rechten Gehirnhälfte hat in der Regel Lähmungen der linken Körperseite zur Folge. Für die linke Gehirnhälfte gilt dies umgekehrt.
Da das Gehirn sämtliche Körperaktivitäten steuert, kann das Absterben der Nervenzellen mit schwerwiegenden Folgen verbunden sein. Durch einen Schlaganfall können also in der Regel folgende Bereiche – oder Teilbereiche – betroffen sein:
- Bewusstsein
- Verständnis, Hören & Sprachvermögen
- Sehvermögen
- Koordination & Orientierung
- Bewegungsapparat & Kraft
- Berührungsempfinden
In vielen Fällen treten bei Betroffenen eines Schlaganfalls deshalb auch Lähmungen, Sprachstörungen, Kopfschmerzen oder Kreislaufprobleme auf. Doch nicht immer hat ein Schlaganfall solche äußerlich auftretenden Symptome. Oder die Anzeichen für einen Schlaganfall sind bereits nach wenigen Stunden wieder verschwunden. Eine kurzzeitig taube Lippe oder ein kurzes Kribbeln in den Fingern werden von den meisten Menschen nicht als Bedrohung wahrgenommen. Können aber tatsächlich von einem Schlaganfall ausgelöst worden sein. Sind die Symptome bereits nach kurzer Zeit wieder weg, spricht man von einem stillen oder unbemerkten Schlaganfall. In diesem Fall trifft die Blutungsstörung nur solche Hirnbereiche, die keine direkten Auswirkungen auf den Körper zeigt. Meist gilt ein stiller Schlaganfall als Vorbote eines schweren Hirnschlags und sollte unbedingt behandelt werden.
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Welche Symptome treten bei einem Schlaganfall auf?
Die Symptome für einen Schlaganfall richtig einzuschätzen, fällt sowohl Betroffenen als auch Außenstehenden schwer. Denn meist treten die Symptome plötzlich auf und können – je nach betroffener Hirnregion – variieren. Hinzu kommt, dass viele Betroffene keine Schmerzen verspüren. Lähmungen im Gesicht, Beeinträchtigungen der Sprache oder beim Sehen werden von den Patienten nicht sofort erkannt. Der Verdacht auf einen Schlaganfall kommt also bei Patienten erst nach einer Weile auf. Sind dagegen mehrere Gehirnareale betroffen kann es auch zu geistigen Beeinträchtigungen führen. Diese erschweren die Einschätzung des eigenen Gesundheitszustands und die Möglichkeit Hilfe zu holen.
Insgesamt gibt es 8 Symptome, die besonders typisch für einen Schlaganfall sind. Dabei müssen nicht alle Symptome gleichzeitig, sondern können auch in abgeschwächter Form oder gar nicht auftauchen.
- Teilweise oder halbseitige Lähmung (Hemiparese)
Bei einem Schlaganfall tritt häufig eine plötzliche Lähmung oder Muskelschwäche im Gesicht, Arm oder Bein auf. Ein hängender Mundwinkel oder ein hängendes Augenlied zeugen von einem Schlaganfall. Oft erstreckt sich die Lähmung über die gesamte Körperhälfte hinweg.
- Plötzliche Sprachstörungen
Ist das Sprachzentrum im Gehirn von einem Schlaganfall beeinträchtigt, können sich Betroffene nur noch schwer verständigen. Teilweise kann sogar ein kompletter Sprachverlust auftreten. In leichteren Fällen sprechen Patienten eines Schlaganfalls für Außenstehende wirr, unverständlich und abgehakt. Auch Silben- oder Satzteile werden häufig vertauscht.
- Empfindungsstörungen
Viele Betroffene eines Schlaganfalls berichten von Empfindungsstörungen vor dem Auftreten größerer Symptome. So sind ein taubes Gefühl oder ein Kribbeln in den Fingern, dem Arm, Bein oder einer ganzen Gesichtshälfte nicht unüblich.
- Plötzliche Kopfschmerzen
Kopfschmerzen sind nicht immer ein Anzeichen für einen Schlaganfall. Treten diese jedoch besonders plötzlich und in extremer Form auf, sollten Betroffene handeln. Oft sind die Kopfschmerzen so heftig, dass Übelkeit und Erbrechen eintreten können.
- Plötzlicher Schwindel
Bei einem Schlaganfall kann plötzlicher Schwindel auftreten. In Folge dessen sind Gehschwierigkeiten oder Orientierungslosigkeit keine Seltenheit. Ist durch den Schwindel zudem das Sehvermögen beeinträchtigt, kann es zu gefährlichen Stürzen kommen.
- Plötzliche Störung des Bewusstseins
Nicht nur der Schwindel führt zur Orientierungslosigkeit, bei einem Schlaganfall kann auch das Bewusstsein beeinträchtigt werden. Betroffene können sich nicht mehr in der eigenen Wohnung zurechtfinden oder verlieren komplett die Kontrolle über den Körper. Auch tagelange Bewusstlosigkeit kann bei einem Schlaganfall eintreten.
- Plötzliche Sehstörung
Ist das Sehvermögen nach einem Schlaganfall beeinträchtigt, äußert sich das für Betroffene in Augenflimmern oder verschwommenen Bildern. Patienten berichten von einem Schleier über den Augen, Doppelbildern oder gar einer zeitweisen Erblindung eines Auges.
- Schluckbeschwerden
Können Sie selbst oder Angehörige nicht mehr richtig schlucken, kann auch dies an einem Schlaganfall liegen. Denn beim Schlucken von Nahrung oder Flüssigkeiten sind viele Muskeln des Mund-, Rachen- und Darmbereiches wichtig. Liegt eine Störung des Nervensystems vor, können die Muskeln nicht mehr richtig zusammenspielen.
Sollten Sie bei sich selbst oder anderen Personen eines der Symptome feststellen, gilt es keine Zeit zu verlieren. Rufen Sie sofort den Notarzt und leiten Sie Erste-Hilfe-Maßnahmen ein. Wie genau Sie bei einem Schlaganfall handeln sollten, erfahren Sie in unserem Beitrag „Erste Hilfe bei Schlaganfall“.
Wie unterschiedlich äußert sich ein Schlaganfall bei Männern, Frauen und Kindern?
Nicht nur der Ort eines Schlaganfalls im Gehirn bestimmt die Symptome und deren Ausmaß. Auch das Geschlecht und das Alter der Betroffenen sollen eine wichtige Komponente beim Auftreten gewisser Symptome darstellen. So können bei erwachsenen Frauen und Männern andere Beschwerden auftreten als bei Kindern. Das liegt vor allem an den verschiedenen Risikofaktoren, die geschlechterbedingt auftreten.
Schlaganfall-Symptome bei Frauen
Natürlich weisen auch Frauen bei einem Schlaganfall eine Vielzahl der „klassischen“ Symptome auf. Im Unterschied zu Männern kann es jedoch vermehrt zu Brust- und Unterleibsschmerzen kommen. Auch Übelkeit und Erbrechen gelten bei Frauen verstärkt als erste Anzeichen für einen Schlaganfall. Hinzu kommen Atemnot und Schluckauf. Frauen sind häufiger von einem Schlaganfall betroffen.
Schlaganfall-Symptome bei Männern
Während Forscher für Frauen neben den „klassischen Symptomen“ weitere Anzeichen für einen Schlaganfall ausmachen konnten, erleben Männer einen Schlaganfall meist in oben genannter Form. Häufiger treten Kopfschmerzen und Schwindel auf. Zwar gibt es bei Männern keine speziellen Symptome, dennoch sind sie in der Altersgruppe der 35- bis 50-Jährigen tatsächlich häufiger von einem Schlaganfall betroffen als Frauen. Der Grund liege vor allem in der ungesünderen Lebensweise und der mangelnden Gesundheitsvorsorge. Wie Sie einem Schlaganfall durch gesunde Ernährung und ausreichend Sport entgegenwirken können, erfahren Sie in unserem Beitrag „Wie kann man einem Schlaganfall vorbeugen?“
Schlaganfall-Symptome bei Kindern
Nicht nur ältere Personen kann es treffen. Auch Kinder können einen Schlaganfall erleiden, wenngleich das Risiko in diesem jungen Alter natürlich geringer ist als bei Erwachsenen. Ein Schlaganfall im Kindesalter hat jedoch meist eine krankheitsbedingte Vorgeschichte. So sind oft Fehlbildungen, Erkrankungen wie Krebs oder plötzliche Kopfverletzungen die Ursache. Besonders während laufenden Therapien zur Krebsbehandlung, nach Infektionen wie Windpocken oder bei genetischen Problemen sollten Eltern daher wachsam sein.
Bei Kindern kommt es in Folge eines Schlaganfalls zu ähnlich „klassischen Symptomen“ wie bei Erwachsenen. Auch hier treten häufig Sprach- und Sehstörungen, Lähmungen und Schwindel auf. Doch besonders Kleinkinder können die Beschwerden nur schwer kommunizieren. Beobachten Sie bei Kindern deshalb genau Abweichungen im körperlichen oder geistigen Verhalten. Können Kinder plötzlich schlechter sprechen als zuvor oder fallen Laufversuche deutlich unsicherer aus als bisher, sollten Sie sofort einen Notarzt rufen.
Wie erkenne ich einen Schlaganfall?
Um einen Schlaganfall zu erkennen, gibt es eine einfache Methode, die jeder beherrschen sollte. Der FAST-Test gilt als Faustregel zur Identifikation von Schlaganfällen. Die Methode beschreibt drei Symptome, anhand derer Laien überprüfen können, ob ein Schlaganfall vorliegt:
- Face (Gesicht): Hängen Mundwinkel beim Lächeln herunter?
- Arms (Arme): Fallen bei Betroffenen die Arme herunter, wenn sie diese ausstrecken?
- Speech (Sprache): Sprechen Betroffene plötzlich unverständlich oder abgehackt?
- Time (Zeit): Ist die Antwort auf eine der drei Fragen „Ja“, dann sollten Sie schnellstmöglich den Notarzt kontaktieren.
Mehr zur FAST-Methode und zur Ersten Hilfe beim Verdacht auf einen Schlaganfall lesen Sie in unserem Beitrag „Erste Hilfe bei Schlaganfall“.
Was muss ich tun, wenn ein Verdacht auf Schlaganfall besteht?
Da bei einem Schlaganfall die Gehirnzellen aufgrund einer mangelnden oder erhöhten Durchblutung zerstört werden, ist es wichtig sofort zu handeln. Denn je mehr Zellen absterben, desto größer sind die bleibenden Schäden für die Betroffenen. Wird zu spät gehandelt, droht der Tod.
Zwar ist die medizinische Forschung bereits sehr weit fortgeschritten, dennoch enden viele Schlaganfälle mit dem Tod des Betroffenen. Schlaganfälle gelten damit sogar als dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Einer der Gründe: Die Zeit! Viel zu oft werden Schlaganfälle nicht als solche erkannt und damit zu spät behandelt. Deshalb heißt der Leitspruch bei Schlaganfällen: „Time is Brain“. Es gilt sofort zu handeln, denn je früher eine Behandlung stattfindet, desto besser sind die Chancen auf Heilung!
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